Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
OPER ON FIRE
(Diverse Komponisten)
Besuch am
2. März 2025
(Einmalige Aufführung)
In seiner Form ist es einmalig: das Opernstudio NRW, getragen durch eine Kooperation des Aalto-Musiktheaters Essen, der Oper Dortmund, der Oper Wuppertal sowie des Musiktheaters im Revier, Gelsenkirchen, und vom Land NRW mitfinanziert. Hier werden junge Künstler bei ihrem Einstieg ins Berufsleben gefördert. Nun wird die Einrichtung sechs Jahre alt.
Das Opernstudio ist exklusiv für maximal acht junge Sänger sowie zwei Korrepetitoren entwickelt, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium vorweisen können und sich auf die ersten Karriereschritte vorbereiten. Die große Akzeptanz des Opernstudios NRW zeigt sich an der hohen Anzahl von Bewerbungen aus der ganzen Welt. Im Schnitt sind es pro Jahr bis zu 800 Bewerbungen. Die jungen Künstler profitieren dabei ganz besonders auch vom Standort Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland mit der weltweit größten Theater-, Opernhaus- und Orchesterdichte.
Die Mitglieder des Opernstudios NRW erarbeiten ein breites Repertoire vom Frühbarock bis zur zeitgenössischen Musik, von Oper, Operette und Musical bis hin zu Konzert- und Liedgesang. Ein wichtiger Bestandteil des Opernstudios NRW sind die Meisterkurse mit namhaften Dozenten wie Helen und Klaus Donath, Lothar Odinius, George Petrou, Helmut Deutsch, Claudia Barainksy, Ann Murray, Roman Trekel, Edith Wiens, Bo Skovhus, Johannes Martin Kränzle oder Roberto Rizzi-Brignoli. Die Erfahrungen, die die Opernstudio-Mitglieder in der Zusammenarbeit mit exzellenten Regisseuren, Coaches, Dirigenten und Orchestern sammeln, sichern ihnen ausgezeichnete Berufschancen. In den sechs Jahren seines Bestehens wurden insgesamt 49 Absolventen ausgebildet.
Zum Ende ihrer Zeit am Opernstudio NRW laden die aktuell sieben hochbegabten Sänger zum Konzert im Musiktheater im Revier ein, um sich von ihrem Publikum zu verabschieden. Gemeinsam mit dem Korrepetitor haben die jungen Talente ein publikumswirksames und virtuoses Programm zusammengestellt.
Foto © Pedro Malinowski
Für Oper on Fire 2025 hat das internationale Team des Opernstudios NRW ein Konzertprogramm erarbeitet, das vor allem den großen Meistern der italienischen Oper Tribut zollt. Die jungen Sänger und der Korrepetitor präsentieren mit Unterstützung vom Opernchor des MiR und der Neuen Philharmonie Westfalen unter der musikalischen Leitung von Guiliano Betta beliebte Schlager der italienischen Opernwelt. Die Sopranistin Subin Park steuert mit der Koloratur-Arie Der Hölle Rache aus Wolfgang Amadeus Mozarts Zauberflöte einen weiteren Höhepunkt bei.
Die hochprofessionellen jungen Talente entführen ihr Publikum in die leidenschaftliche Welt des Musiktheaters und beeindrucken durch virtuose Stimmvielfalt, die das Opernstudio NRW in besonderer Weise auszeichnet. Für seine Mitglieder ist das Konzert auch ein Abschiednehmen, nicht zuletzt von ihrem Publikum, das die sieben Sängern in den vergangenen zwei Jahren in zahlreichen Produktionen auf den Bühnen der Region bejubelte. Cassandra Doyle hat ab der kommenden Spielzeit ein Festengagement an der Staatsoper Hannover, Yancheng Chen wechselt an das Saarländische Staatstheater Saarbrücken. Auch die übrigen Mitglieder freuen sich über hochkarätige Engagements, so wird beispielsweise Natalia Labourdette demnächst in Produktionen am Royal Opera House Covent Garden in London und am Teatro Real in Madrid zu erleben sein.
Das Programm des Abschlusskonzerts an diesem Abend bestreiten drei Sopranistinnen, ein Mezzosopran, zwei Tenöre und ein Bariton. Hausherr Michael Schulz führt souverän und spritzig durch das Programm. Mit dem Ende dieser Spielzeit wird er das Haus nach vielen Jahren verlassen. Man wird seine Eloquenz und seine klaren Ansagen vermissen.
Die Neue Philharmonie Westfalen eröffnet den Abend mit der Ouvertüre zu Rossinis La gazza ladra und legt damit das Fundament für ein bemerkenswertes Konzert.
Gleich zu Beginn setzt Yancheng Chen mit der Cavatina des Figaro aus dem Barbier von Sevilla Maßstäbe. Stimmlich souverän, technisch brillant, schmeichelt seine sonore, äußerst wohlklingende Stimme in bester Buffo-Manier.
Die beiden jungen koreanischen Tenöre Ju Hyeok Lee und Jongyoung Kim zeigen in verschiedenen Arien ihr schier uneingeschränktes Stimmvermögen. Obwohl Jongyoung Kim leicht indisponiert ist, verwöhnt er mit melancholischem Schmelz und meistert mit Leichtigkeit und großer Strahlkraft die Höhen vor allem als Idreno aus Rossinis Oper Semiramide. Besonders beeindruckend auch Rezitativ und Arie des Rinuccio aus Puccinis Gianni Schicchi, gesungen von Ju Hyeok Lee mit leuchtendem Tenor, stimmgewaltig und klangschön.
Foto © Pedro Malinowski
Subin Park gestaltet die Arie der Königin der Nacht mit einem reinen und in den Höhen glockenklaren Sopran. Die anspruchsvollen Koloraturen werden souverän und sicher, mit größter Leichtigkeit, ohne eine Spur von mechanischer Kälte dargeboten. Elia Cohen Weissert zeigt in der Arie der Elvira aus Bellinis I Puritani die gesamte Bandbreite ihres Könnens. Von äußerst zarten, fast berührenden Momenten hin zum Aufblühen in der Höhe. Die australische Mezzosopranistin Cassandra Doyle nimmt in gewisser Weise eine Sonderstellung im Kontext der diesjährigen Absolventen ein, weil sie die einzige Bewerberin für das Opernstudio in den Jahren seines Bestehens ist, die über kein abgeschlossenes Gesangsstudium verfügt. Die Auswahljury hatte sich von einem Video überzeugen lassen, und überzeugend ist auch ihr Auftritt an diesem Abend. Als Cenerentola brilliert sie im Schlussrondo, umrahmt von Natalia Labourdette, Elia Cohen Weissert, Yancheng Chen und dem Opernchor des Musiktheaters im Revier. Sie ist prima inter pares und ihre Performance ein Ereignis. Mit einer opulent strömenden Stimme und warmem Timbre vermag sie für sich einzunehmen. Ihr zukünftiges Festengagement an der Staatsoper Hannover ist die natürliche Konsequenz.
Die spanische Sopranistin Natalia Labourdette verfügt über eine bemerkenswert satte Sopranstimme mit außerordentlicher Strahlkraft. Mit vokaler Leichtigkeit und Intelligenz gestaltet sie die Arie der Fiorilla aus Rossinis Il Turco in Italia wunderbar stimmig.
Das große Finale des Konzerts wird zum besonderen Klangerlebnis. Das Brindisi aus Verdis La Traviata wird gleich von zwei Alfredos und drei Violettas gesungen. Die Protagonisten teilen sich die Partien und wechseln sich ab. Auf diese Weise werden die so unterschiedlichen Klangfarben und Techniken noch einmal besonders deutlich. Die diesjährigen Absolventen stellen eindrucksvoll unter Beweis, dass sie zukünftig die internationale Opernwelt bereichern werden. Einige bleiben glücklicherweise auch den Häusern erhalten, die Ihnen beim Sammeln all der wertvollen Erfahrungen behilflich waren. Man darf sich in dem Zusammenhang auf ein Wiedersehen im Parsifal in Essen, im Falstaff in Gelsenkirchen und im Don Giovanni in Wuppertal freuen.
Dem Gastgeber des Konzerts, dem Musiktheater im Revier, gebührt großer Dank für den großzügigen, festlichen Rahmen. Bedauerlich einzig, dass nur das gastgebende Haus und das Aalto-Theater in Essen das gemeinsame Konzert des Opernstudios NRW in seine Spielpläne aufgenommen hat. Ein solches Galakonzert sollte gemeinsam beworben werden, um eine angemessene Auslastung zu gewährleisten.
Bernd Lausberg