O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Bilder ähnlich der besuchten Aufführung -Foto © Urban Jörén

Aktuelle Aufführungen

Schwedische Nacht

NOCHE
(Alma Söderberg)

Besuch am
9. Dezember 2022
(Deutschlandpremiere)

 

PACT Zollverein, Essen

Fast drei Jahre ist es nun her, dass die schwedische Cullberg-Compagnie die Choreografie The Listeners von Alma Söderberg bei PACT Zollverein präsentierte. Im März dieses Jahres wurde das zweite Werk von Söderberg, Noche, in Malmö uraufgeführt. Das kommt nun wiederum in dem Essener Kulturzentrum zur deutschen Erstaufführung. Der Besucherandrang ist groß. Offenbar hat man die Choreografin und das Tanzensemble in guter Erinnerung.

Foto © Urban Jörén

Vermutlich stehen die Tänzer seit viertel vor acht auf der Bühne. Denn laut Vorankündigung ist dann Einlass. Was ja auch Sinn macht, wenn die Aufführung um acht beginnen soll. Wenn der Einlass allerdings dann um Punkt acht beginnt, hatten die Körper ausreichend Zeit, wieder auszukühlen. Also tragen die Tänzerinnen zu Beginn des Abends erst mal Sweatshirts. Die passen aber gut zu den einfallslosen Kostümen von Behnaz Aram. Was ist los mit der Frau? Beim letzten Auftritt war die Bekleidung von Fantasie und Farbe geprägt. Jetzt gibt es T-Shirts, Hosen und als Bereicherung schlafanzugähnliche Stoffe. Dabei ist doch gerade das Thema, das Söderberg ausgerufen hat, die Nacht oder Noche, Anlass für verrückte Ideen.

So, wie sie die Synkope als Leitmotiv für den Abend auserkoren hat. Musikalisch wie medizinisch ist die Synkope eine rhythmische Verschiebung. Bei der Musik sorgt sie für interessante Effekte, beim Herzen für einen Notarzteinsatz. So weit lässt es Söderborg nicht kommen. Stattdessen entlässt sie die Tänzer, allen voran Louise Dahl, in die Mysterien der Nacht. Die stark rhythmusorientierte Musik dazu hat Dehendrik Lechat Willekens komponiert. Daraus lassen sich ungewöhnliche Bewegungen ableiten – wenn auch nicht allzu viele. Die werden von Pol Matthé in quadratischen Lichtfeldern eingefangen, wenn die Tänzer nicht selbst mit zwei Spots spielen. Je öfter die Wiederholungen Einzug halten, desto mehr übernimmt das Ensemble die Musik in Form von englischsprachigem Gesang. So entsteht nach und nach der Eindruck einer überdimensionierten Musical-Szene. Dem Publikum gefällt das, es kann sogar einige Szenen lustig finden. Nach 50 Minuten ist der Spaß vorbei. Der Nacht sind offenbar keine weiteren Schattierungen hinzuzufügen.

Ein unterhaltsamer Abend, über dessen tieferen Sinn vermutlich nicht weiter zu sinnieren ist. Ein kurzer, herzlicher Applaus beendet das Vergnügen.

Michael S. Zerban