O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

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Aktuelle Aufführungen

„Da, wo wir Freunde finden, da sind wir zu Haus“

ENSEMBLE RUHR & KIDZ
(Diverse Komponisten)

Besuch am
17. Juni 2021
(Einmalige Aufführung)

 

Essener Kreuzeskirche

Ein ehrgeiziges Projekt plante das vor kreativer Energie sprühende Ensemble Ruhr für das vergangene Beethoven-Jahr. Die Musik Beethovens wollten die jungen Musiker in die Schulen und in verschiedene Stadtteile Essens bringen. Die Pandemie durchkreuzte Teile des Konzepts, so dass jetzt in der Essener Kreuzeskirche ein abgespecktes, gleichwohl ambitioniertes und künstlerisch hochwertiges Ergebnis präsentiert werden kann.

Das über BTHVN2020 geförderte, im Rahmen der Themenreihe „Beethoven. Musik im Spannungsfeld von Freiheit und Religiosität“ entwickelte Projekt basiert auf drei Säulen. Ausgewählte Sätze aus Streichquartetten Beethovens sollten an öffentlichen Plätzen der Stadt erklingen, was möglicherweise in entspannteren Zeiten nachgeholt werden kann. Auch die Kinder von vier Essener Grundschulen wollte man mit Beethoven vertraut machen. Wichtiger noch war eine Schreibwerkstatt, in der die Kinder unter Leitung von Mario Stork Rap-Texte und Melodien zu Themen ihrer Stadtteile anfertigten. Das ist auch gelungen. Nicht möglich war es leider, dass die Kinder der Schule an der Heinickestraße, der Theodor-Heuss-Schule, der Peter-Ustinov-Schule und der Parkschule ihre Ergebnisse im finalen Präsentationskonzert in der Kreuzeskirche aufführen können. Das übernehmen jetzt notgedrungen die Streicher des Ensembles Ruhr selbst. Das als Ensemble Ruhr & Kidz betitelte Projekt findet so am Ende ohne Kinder statt. Damit geht der Veranstaltung eine gehörige Prise an kindlichem Charme verloren.

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An der Schreibwerkstatt war auch der Gelsenkirchener Komponist Michael Em Walter beteiligt, der als dritte Säule eigene Kompositionen beisteuerte. So sind in der Kreuzeskirche vier Blöcke zu hören, jeweils mit einem Quartettsatz Beethovens, einem Rap der Kinder und einer Komposition von Michael Em Walter bestückt.

Die vier anspruchsvollen Sätze aus den Streichquartetten Beethovens musizieren die dreizehn Streicher des Ensembles Ruhr kollektiv, was die Ausführung nicht gerade erleichtert. Dafür kommt nicht jeder Satz in Frage, so dass langsame, getragene Sätze dominieren. Da auch die Kompositionen von Michael Em Walter überwiegend dunkel und schwergewichtig tönen, verbreitet der Abend eine übermächtig ernste Stimmung, die die kurzen Raps der Kinder kaum aufhellen können.

Ein Ungleichgewicht, das nicht gewollt ist, sich aber durch die derzeit eingeschränkten Aufführungsmöglichkeiten ergibt. Schade, dass man die erheblich lichter gestimmten Texte der Raps kaum verstehen kann. Und das hätte sich gelohnt. So zum Beispiel der Optimismus, den der Refrain des Raps der Kinder von der Theodor-Heuss-Schule in Bergerhausen nach einer für alle Kinder belastenden Zeit verbreitet: „Woher wir kommen und wohin wir geh’n, wir wollen immer nur nach vorne seh’n. In jeder Lage und zu jeder Zeit bietet die Welt uns eine Möglichkeit. Durch dunkle Stunden in das Licht hinein, unsere Träume werden Wahrheit sein. Gemeinsam wachsen wir über uns hinaus. Da, wo wir Freunde finden, da sind wir zu Haus.“

Die Arbeit mit Kindern wird das Ensemble Ruhr auf jeden Fall fortsetzen, auch wenn für den September erst einmal ein arabisch-deutsches Projekt geplant ist.

Pedro Obiera