Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
REQUIEM OF HOPE
(Diverse Komponisten)
Besuch am
1. November 2021
(Einmalige Aufführung)
Mit einer besonderen Abschiedsparty geht das 16. Internationale Düsseldorfer Orgelfestival in der Basilika St. Lambertus in der Altstadt zu Ende. Nach ersten Hochrechnungen der Veranstalter haben rund 10.000 Besucher 48 Aufführungen geboten bekommen. Und das in einer Zeit, in der sich das Publikum mit den Besuchen öffentlicher Veranstaltungen lieber zurückhält und das Wetter eher dazu einlädt, abends auf dem Sofa zu verweilen, anstatt in kalten Kirchen zu sitzen. Seit Ende September gab es eine attraktive Programmvielfalt, neben den „Klassikern“ ungewöhnliche Klangerlebnisse und -kombinationen sowie selten oder noch gar nicht gehörte Werke zu erleben. Letztlich für den Erfolg ausschlaggebend mag aber der hohe Qualitätsanspruch gewesen sein, den Intendant Herbert Ludwig, Wolfgang Baumgratz als Künstlerischer Leiter und Festivalleiterin Frederike Möller an ihr Festival stellen. Nicht zu vergessen die ehrenamtlichen Helfer, die mit ihrer Freundlichkeit immer wieder für das Wohlgefühl der Besucher gesorgt haben.
Josua Guss, Bohyeon Mun, Jisyong Weiß und Irene Kurka (v.l.n.r.) – Foto © O-Ton
So ist die Stimmung an diesem Feiertag ausgesprochen entspannt bis fröhlich. Die Besucher sorgen mit ihrem zahlreichen Erscheinen für eine gute Akustik. Die Musiker sind dicht an dicht im Altarraum versammelt, in dem auch der Orgeltisch noch vorne rechts seinen Platz findet. Im Hintergrund ist der Stiftschor an der Basilika St. Lambertus untergebracht, davor ein in der Besetzung ungewöhnliches Kammerorchester, das mit Pauken, Trompeten und Streichern auskommt. Links neben dem Pult des Dirigenten bleibt noch ein Eckchen für die vier Solisten.
Auf dem Programm steht heute Abend das Requiem of Hope, für dessen Komposition sich Colin Mawby sieben Jahre Zeit ließ. Neben den lateinischen Texten der Totenliturgie sind ein Gedicht von Henry Vaughan, ein Gebet von John Henry Newman und zu Beginn ein keltischer Segenswunsch verarbeitet. Vor dem Requiem der Hoffnung aber kommen noch vier weitere neuzeitliche Werke zu Gehör. Die Besucher sind mit einem Programmheft gewappnet, das die Requiem-Texte mit deutscher Übersetzung enthält. Vorbildlich. Und nach einem Grußwort des Stadtdechanten Frank Heidkamp kann es losgehen. Am Orgeltisch hat Markus Belmann Platz genommen, Kantor der Düsseldorfer Maxkirche und ausgesprochener Kenner der Lambertus-Orgel. Ein ausgesprochener Glücksfall, denn so kommt das Publikum in den Genuss beider Orgeln in einer wunderbaren Balance, was sich zu einem echten Hörgenuss entwickelt, den man wahrlich nicht jeden Tag geboten bekommt.
Markus Belmann – Foto © O-Ton
Das entfaltet sich in der Meditation für Orgel und Streicher von Alec Rowley aus dem Jahr 1949 noch nicht ganz, läuft aber bereits in der Vertonung des Psalms 23 Der Herr ist mein Hirte, ebenfalls von Mawby, zur Höchstform auf. Dass auch das klangliche Gleichgewicht zwischen Orchester und Orgel stimmt, besorgt Alexander Niehues als Musikalischer Leiter des Abends, der sich zu Beginn mehr um seine Partitur als um die Musiker zu kümmern scheint, aber spätestens zum Requiem auch die Kommunikation im Griff hat. Zuvor darf das Publikum noch das dreisätzige Konzert für Orgel und Orchester von Malcolm Arnold und die Sospiri, also die Seufzer, von Edward Elgar erleben. Nach dieser kleinen „Nummernrevue“ soll das Publikum nun also hoffnungsfroh gestimmt werden.
Dazu konnte als Sopranistin Irene Kurka gewonnen werden, deren Repertoire ebenso groß wie ihre Stimme fein ist. Hell und klar pointiert sie die Texte und besticht in den Höhen mit makelloser Reinheit. Ebenso beeindruckt Jisyong Weiß mit einem mitunter fast schon männlichen Alt. Gratulation an denjenigen, der für die personelle Besetzung des Abends verantwortlich ist. Die Farbwahl ist vortrefflich gelungen. Nicht ganz klar ist, ob es an der Komposition oder daran liegt, dass Tenor Bohyeon Mun und Bass Josua Guss seitlich zum Publikum singen – jedenfalls bleiben sie arg im Hintergrund. Das ist für die beiden Sänger nicht so erfreulich, fügt sich aber gut ins Große und Ganze. Gekonnt halten die Musiker zum Schluss die Spannung schweigend noch ein Minütchen aufrecht, ehe das Publikum sie mit begeistertem Applaus feiert. Mit seiner Programmauswahl und klanglichen Ausgeglichenheit im sicher nicht leicht zu bespielenden Kirchenraum setzt dieser Abend einen würdigen Schlusspunkt hinter das Festival, das im kommenden Jahr seine Pforten erneut öffnet.
Dann wird es einen Schwerpunkt für Felix Mendelssohn Bartholdy geben, dessen 175. Todestag zu begehen sein wird. César Franck hätte im kommenden Jahr seinen 200. Geburtstag gefeiert, was aus Festival-Sicht unbedingt zu würdigen sein wird. Außerdem erwartet die Besucher wieder eine Uraufführung, verspricht Festivalleiterin Möller. Und auch die Reihe mit Düsseldorfer Bands soll fortgesetzt werden. Das IDO-Festival 2022 findet vom 30. September bis zum 7. November statt.
Michael S. Zerban