Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
BENEFIZKONZERT MIMF
(Franz Schubert, Manuel de Falla, Maurice Ravel)
Besuch am
3. April 2025
(Einmalige Aufführung)
Chaos herrscht glücklicherweise nicht, wenn der Verein der Freunde des Molyvos International Music Festival alljährlich im Frühjahr zum Konzert der Schwestern Danae und Kiveli Dörken einlädt, um Gelder für das Festival auf Lesbos einzuwerben. Geradezu feudal geht es heuer zu, denn Steinway & Sons stellt sein Geschäft auf der Immermannstraße in Düsseldorf für das Konzert zur Verfügung.
Chaos ist allerdings das Thema des diesjährigen Festivals, das vom 12. bis zum 19. August in Molyvos und anderen Orten der Insel stattfindet. Sechs Konzerte sowie ein Kinderkonzert sind vorgesehen, um das Thema zu bearbeiten. Vom reinen Chaos wird es über Schmerzen, Gelegenheit und Rebellion bis hin zur Hoffnung in Kammermusiken unter freiem Himmel gehen. Davon ist heute Abend nicht die Rede. Stattdessen treten die beiden künstlerischen Leiterinnen an das Klavier, um Freunde und Gönner mit ihrer Kunst zu begeistern.
Foto © Michael Zerban
Vor zwei Jahren war das Klavier in einer Schulaula den Anforderungen kaum gewachsen, die die Künstlerinnen an das Instrument stellten. Jetzt haben sie ein Spitzenmodell der Klavierbaukunst zu ihren Händen. Und sie wissen es zu nutzen. Abermals spielen Danae und Kiveli die vierhändige Fantasie in f-Moll von Franz Schubert. Doch welch ein Unterschied. Dem Komponisten hätte es vermutlich die Freudentränen in die Augen getrieben, hätte er diesen Abend miterleben dürfen.
Auf Lesbos müssen die Schwestern auf diesen Flügel verzichten. Was zu verschmerzen ist, wenn sie ihre diesjährigen Gäste begrüßen dürfen. Unter ihnen die Cellistin Tanja Tetzlaff und der Geiger Florian Donderer, die Geigern Antje Weithaas und die Bratschisten Georgy Kovalev und Singy Mohamed. Eine Besonderheit bietet das Konzert des Band-Projekts RAD Music International. Dahinter verbergen sich drei Künstler, die als Flüchtlinge nach Lesbos kamen und dort ein neues Zuhause gefunden haben: Rouddy Kimpioka, Esther Maswanga und Mateus Antonion. Und selbstverständlich werden dann auch Danae und Kiveli am Klavier zu erleben sein.
Die präsentieren nun Dos Danzas von Manuel de Falla. Es geht also eher heiter gelöst, farbig, folkloristisch und rhythmisch akzentuiert weiter, dabei darf Danae auch schon mal in die Hände klatschen. Von Gustave Samazeuilh stammt die vierhändige Klavierfassung, die die beiden Tänze aus dem Zweiakter La vida breve des spanischen Komponisten aufgreift. So entsteht durchaus schon mal ein bisschen Flair, das Lust auf das einzigartige Festival in der nördlichen Ägäis macht, das internationale Künstler zu einem mehrtägigen Fest klassischer Musik zusammenbringt. Dann wird das Programm von Johann Sebastian Bach bis Erricos Vaios reichen, dessen Werk zur Uraufführung auf der Insel kommen wird. Schön, dass hier auch Namen auftauchen, die man nicht im täglichen Repertoire des Konzerthauses in der Heimat findet. Ernest Bloch, Bohuslav Martinů und Mikis Theodorakis, Fritz Kreisler, Béla Bartók und César Franck oder auch Dmitrij Schostakowitsch, Manuel de Falla, Henryk Wieniawski und Pablo de Sarasate werden zu hören sein, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Foto © Michael Zerban
Nur kurz lassen sich Danae und Kiveli für die großartige de-Falla-Interpretation feiern, ehe sie zum virtuosen Abschluss des Abends mit der Daphnis-und-Chloé-Suite Nr. 2 von Maurice Ravel schreiten. Glitzernde Läufe bereichern die anspruchsvolle Komposition, die im metallisch schimmernden Klang des Flügels zu grandioser Wirkung kommt. Die Freunde des Festivals, die auch noch den letzten Stuhl besetzt haben, sind außer sich vor Freude über die mehr als gelungene Darbietung.
Selbstverständlich erwartet man nach dem knapp einstündigen Konzert auch eine Zugabe der beiden Pianistinnen. Und brav setzen sich die zwei auch wieder an den Flügel. Haben aber dann nichts damit zu tun, dass der Flügel einen flotten Boogie spielt. Steinway & Sons hat das elektrische Klavier neu interpretiert und führt das eindrucksvolle Ergebnis nun als kleinen Scherz dem staunenden Publikum vor. So ist die Stimmung auf dem Höhepunkt, als die Gäste anschließend noch zu einem Gläschen Cremant gebeten werden. Der Verein der Freunde des Molyvos International Music Festivals dürfte mit den Spenden-Ergebnissen des Abends mehr als zufrieden sein.
Ein noch größerer Erfolg wäre allerdings, wenn möglichst viele Klassik-Freunde aus aller Welt sich entschließen, das Festival auf der Insel mit einem Sommerurlaub zu verbinden. Denn die Bewohner sind von den Flüchtlingsströmen, die nun seit elf Jahren anhalten, arg gebeutelt. Der Tourismus ist inzwischen so weit zurückgegangen, dass die Menschen, die darauf angewiesen sind, in ihrer Existenz gefährdet sind. Und so ist dem Festival zu wünschen, dass es für möglichst viele Besucher sorgen kann. Danae und Kiveli Dörken haben dazu auch heute Abend wieder einen großen Beitrag geleistet.
Michael S. Zerban