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Aktuelle Aufführungen
BENEFIZKONZERT MIMF
(Diverse Komponisten)
Besuch am
4. Mai 2023
(Einmalige Aufführung)
Kiveli Dörken begann mit fünf Jahren, Klavier zu spielen. Später folgte das Studium in Hannover. Bereits in jungen Jahren kann sie auf die Einspielungen von fünf Alben zurückblicken. Regelmäßig konzertiert sie auf den Bühnen dieser Welt und eifert damit ihrer älteren Schwester Danae nach. Die ist vor kurzem erst von ihrer Südafrika-Tournee zurückgekehrt, wo sie mit dem Johannesburg Philharmonic Orchestra und dem Kwazulu-Natal Philharmonic Orchestra unter Hossein Pishkar erfolgreich gastierte. Heute tritt sie – wie so oft – gemeinsam mit Kiveli auf. Dieses Mal ist es allerdings nicht die Düsseldorfer Tonhalle, sondern die Aula der International School of Düsseldorf im Stadtteil Kaiserswerth. Ein Ort, an dem man die beiden Schwestern eher nicht vermutete.
Danae ist auf das Cäcilien-Gymnasium gegangen, das inzwischen eine Partnerschaft mit der International School pflegt. Zur Feier dieser Partnerschaft tritt dann wohl auch die Pianistin bei den Feierlichkeiten auf. Genaueres dazu erfährt man nicht, und da es eher in die Privatsphäre der Musikerin gehört, soll es hier auch keine Rolle spielen. Wichtiger ist, dass der Verein der Freunde des Molyvos International Music Festival die Gelegenheit nutzt, zu einem Benefiz-Konzert für das Festival, das in diesem Jahr vom 11. bis zum 19. August stattfindet, einzuladen. Damit verbindet sich dann auch die Hoffnung, Gelder für das Festival einzusammeln. Und so finden sich die Besucher, die Danae und Kiveli Dörken erleben wollen, eben plötzlich in einer Schulaula wieder.
Foto © O-Ton
Der Versammlungsraum der Schule ist kein Konzertsaal, auch wenn es inzwischen in vielen Schulen so etwas wie eine rudimentäre Beleuchtungstechnik und einen Minimalstandard an Musikinstrumenten gibt. Die Mikrofontechnik in Kaiserswerth funktioniert an diesem Abend schon mal nicht. Und so kann man die Ansprachen vor dem Konzert auch eher erahnen als hören. Erfahrungsgemäß ist das nicht weiter dramatisch. Auf der Bühne steht ein Stutzflügel mit einer Bank und einem Küchenstuhl davor sowie ein Notenständer. Im Hintergrund ist eine Leinwand aufgehängt. Schließlich soll es zwischen den aufzuführenden Werken drei Image-Filme geben. Die sind erfreulich kurz und konzentrieren sich darauf, die Stimmung des Festivals auf der griechischen Insel Lesbos wiederzugeben, das in diesem Jahr bereits zum neunten Mal stattfinden wird. Die Bilder machen wirklich Lust auf einen Besuch, ohne übertrieben werblich zu wirken.
Die besten Werbeträger in eigener Sache – Danae und Kiveli Dörken haben das Festival 2015 gegründet und veranstalten es seither jährlich – sind allerdings die Schwestern selbst. Kiveli im roten, Danae im hellblauen Hosenanzug bemächtigen sich des Klaviers – und zeigen erst mal die Grenzen des Instruments auf. Das hat allerdings üblicherweise auch nicht die Aufgabe, dem Spiel von Konzertpianisten auf höchstem Niveau zu genügen. Und so schlägt sich der Stutzflügel recht tapfer, aber letztlich chancenlos, wenn es darum geht, die Fantasie in f-Moll für Klavier zu vier Händen von Franz Schubert aufzuführen. 1828, im letzten Lebensjahr Schuberts, entsteht das Werk und wird wenige Monate später in Wien uraufgeführt. Seither verlängert sich die Liste berühmter Tastenkünstler unaufhörlich, die sich einer der wichtigsten Kompositionen Schuberts überhaupt widmen. Die vier Sätze, die ohne Unterbrechung gespielt werden, sind innerhalb von 20 Minuten zu bewältigen. Voller Inbrunst stürzen sich die Schwestern in ihre Aufgabe und treiben den Puls gleich zu Beginn schon mal ganz nach oben.
Foto © O-Ton
Mit der Frühlingssonate, das ist Ludwig van Beethovens Sonate Nr. 5, tritt Danae Dörken gemeinsam mit dem Geiger Noé Inui auf. In Brüssel in einem griechisch-japanischen Elternhaus geboren, verschreibt er sich früh der Geige und hat inzwischen längst jenen Grad überschritten, in dem Virtuosität noch Konzentration und Anstrengung erfordert. Drei Mal hat er inzwischen am griechischen Festival teilgenommen und inzwischen verbindet ihn eine enge Freundschaft mit den Geschwistern Dörken. Diese innere Verbindung wird in der Zusammenarbeit deutlich, in der es nicht mehr um das Einhalten von Takten, sondern der Symbiose zweier Musiker geht. Da wird der Blickkontakt wichtiger als die Notierung auf dem Pult. Eine bessere Empfehlung für das Festival auf der griechischen Insel kann es kaum geben.
Das gilt auch für das nachfolgende Stück, das Inui mit Kiveli Dörken zum Besten gibt. Rumänische Volkstänze für Geige und Klavier von Béla Bartók geraten bei den beiden Saitenkünstlern zum passionierten Zusammenspiel, das so spielerisch wie zwangsläufig auf das letzte im Programm vorgesehene Werk hinführt. 1877 komponierte Pablo de Sarasate die Zigeunerweisen opus 20 für Violine und Klavier in dem festen Bemühen, die Position Paganinis als „Teufelsgeiger“ einzunehmen. So stellen die Zigeunerweisen „in Form eines breit angelegten Csárdás“ eine Herausforderung selbst für erfahrene Geiger dar. Auch bei Inui ist der Schweiß auf der Stirn nicht nur auf den auf ihn gerichteten Scheinwerfer zurückzuführen, selbst wenn seine Durchführung eher spielerisch wirkt. Ein großer Genuss für alle Anwesenden, der mit dem Klavierspiel Danaes elegant abgerundet wird. Das Publikum feiert die Musiker ordentlich, ehe es noch eine der vielleicht am häufigsten gespielten Zugaben gibt. Salut d’amour ist mit seinem Schmelz aber auch wirklich eines der schönsten Stücke, das Edward Elgar 1888 für Violine und Klavier komponierte und seiner Frau Caroline Alice zueignete. In Kaiserswerth erklingt es im Arrangement für Geige und vierhändiges Klavier und krönt damit ein außerordentliches Konzert an ungewöhnlicher Spielstätte. Aber letzteres sind die Musiker des Abends ja gewöhnt, wenn auch eher in Griechenland.
Michael S. Zerban
Hören Sie dazu auch den Audiobeitrag mit Danae Dörken zum Molyvos International Music Festival.