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Aktuelle Aufführungen
ADRIANA LECOUVREUR
(Francesco Cilea)
Besuch am
14. Mai 2022
(Premiere)
Statt Umberto Giordanos Revolutions-Oper André Chenier steht jetzt bei der Deutschen Oper am Rhein Francesco Cileas Eifersuchts-Drama Adriana Lecouvreur auf dem Programm. Eine Zusammenarbeit mit dem Intendanten des Moskauer Helikon-Theaters, Dmitry Bertman, hat Rheinopern-Chef Christoph Meyer unterbrochen und stattdessen eine Mainzer Produktion der Cilea-Oper mit dem Regisseur Gianluca Falaschi angesetzt. Es darf diskutiert werden.
Die 1902 uraufgeführte Oper geizt nicht mit musikalischem Zünd- und Süßstoff und kann es durchaus mit populäreren Reißern von Mascagni und Puccini aufnehmen. Und Antonino Fogliani am Pult der Düsseldorfer Symphoniker lässt es weder an dramatischer Schlagkraft noch an verführerisch zarten Tönen fehlen. Die Titelfigur haucht ihr Leben, vom Gift der Rivalin benebelt, nicht weniger anrührend aus als Puccinis Manon oder Mimì. Dass die Oper dennoch nur selten zu sehen ist, mag an der im Detail komplexen Handlung, aber auch an der Besetzung liegen, die vier große, exponierte Stimmen fordert.
Foto © Hans Jörg Michel
Adriana Lecouvreur ist eine berühmte Schauspielerin, die sich, wie die Fürstin von Bouillon, in den edlen Maurizio verliebt. Die Fürstin räumt die Rivalin am Ende mit dem Duft vergifteter Blumen aus dem Weg. Eingebettet ist die Geschichte in ein verzweigtes Intrigengeflecht mit etlichen Einblicken hinter die Kulissen des nur scheinbar schillernden Theaterbetriebs.
Regisseur und zugleich Ausstatter Gianluca Falaschi verlagert die 1780 spielende Handlung denn auch in eine Hollywood-reife Szenerie mit viel Glitzer, dunkelt den Raum jedoch geschickt ab, wenn persönliche Konflikte angesagt sind. Die Personenführung wirkt freilich nicht ausgereift. Während die Chorszenen revue-artig agil ausgeführt werden, verlässt sich der Regisseur bei der Personenführung zu stark auf die Ausstrahlung der Solisten. Daran mangelt es dem vorzüglichen Ensemble zwar nicht. Aber wer nicht gerade singt, steht oder sitzt mehr oder weniger teilnahmslos herum. Selbst in der Schlussszene sieht Maurizio dem Todeskampf seiner Geliebten unbewegt aus der Distanz zu.
Dass die Oper dennoch ihre Wirkung nicht verliert, ist vor allem den Protagonisten zu verdanken, die mit großen Stimmen aufwarten können, aber von Cilea an ihre Grenzen geführt werden. Immerhin sang in der Uraufführung niemand Geringerer als Enrico Caruso die Partie des Maurizio. Sergey Polyakovs Stimme fehlt es dafür zwar nicht an tenoraler Strahlkraft, allerdings singt er unter ständig forciertem Hochdruck. Differenzierter bewältigt Liana Aleksanyan die Titelrolle. Die gleißend süßen Kantilenen gestaltet sie mit bewegender Sensibilität und sie schont ihre Stimme auch in den dynamischen Ausbrüchen nicht, was zu unnötigen Härten führt. Auf gleichem Niveau bewegt sich Ramona Zaharia als giftmischende Fürstin. Mit ihrem etwas metallisch timbrierten, exzellent geführten Mezzo hebt sie sich stimmlich klar von ihrer Rivalin ab. Grandios gestaltet Alexey Zelenkov die differenzierte Bariton-Partie des Impresarios Michonnet. Auch die kleineren Rollen wie auch die Chor-Partien sind adäquat besetzt.
Viel Beifall des Premieren-Publikums, in den sich einige wenige Buh-Rufe für das szenische Team mischen.
Pedro Obiera