Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM
(Diverse Komponisten)
Besuch am
21. August 2021
(Einmalige Aufführung)
Acht Sommerkonzerte hatte Bernd Lausberg in Kooperation mit der Düsseldorf Lyric Opera in seiner Galerie geplant. Eine schöne Idee. Schließlich ist Kultur abseits der snobistischen Veranstaltungen in Salzburg, Bayreuth oder Bregenz selten geworden. Da kommt so eine Konzertreihe irgendwo in Düsseldorf gerade recht. Eigentlich sollte sich nach sechs Konzerten so etwas wie Routine eingeschlichen haben. Das Gegenteil ist der Fall. Der Beginn des Konzertes verzögert sich immer wieder, weil – wie Galerist Lausberg dem Publikum später erzählt – er an diesem Abend von Nachmeldungen geradezu überrannt worden sei. Wunderbar. Da werden Stühle geschleppt, verschoben und im schmalen Garten zwischen Entrée und Galerie untergebracht. Jemanden abzuweisen, kommt überhaupt nicht in Frage.
Meghan Behiel hat als Musikalische Leiterin der Düsseldorf Lyric Opera die acht Konzerte dieses Sommers kuratiert, und offenbar hat sie bislang alles richtig gemacht. Heute tritt die Pianistin mit zwei „Kraftpaketen“ der Düsseldorf Lyric Opera auf. Unter dem Titel A Midsummer Night’s Dream steht eine „Sommernacht mit Songs aus Oper, Operette und Musical“ an. Regelmäßige Besucher der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg kennen Stephanie Woodling noch gut. Schließlich verbrachte die lyrische Mezzosopranistin, die aus Allentown, Pennsylvania, stammt und an der Manhattan School of Music ihr Studium mit dem Master abschloss, unter anderem fünf Spielzeiten am hiesigen Opernhaus. Und die Besucher des heutigen Abends werden alsbald verstehen, warum die Sängerin sich an der Düsseldorfer Oper großer Beliebtheit erfreute. Auch Ani Tsartsidze kennt man von der Düsseldorfer Rheinoper, wo sie das Opernstudio absolvierte. Zuvor schloss die aus Georgien stammende Koloratursopranistin ihr Masterstudium in Tiflis ab. Zwei durchaus gegensätzliche Charaktere, die sich an diesem Abend unter der musikalischen Leitung von Behiel zusammenraufen müssen. Da ist die Vorfreude auf die beiden festlich gekleideten Sängerinnen groß.
Ani Tsartsidze mit Meghan Behiel – Foto © O-Ton
Woodling übernimmt den Auftakt mit der Arie Faites-lui mes aveux aus Charles Gounods Faust und gibt damit den Tenor des Abends vor. Es wird forsch und abwechslungsreich. Wie der Felsen, der ohne Schwanken trotzt den Wellen, tritt Tsartsidze mit der Arie Come scoglio immoto resta aus Mozarts Così fan tutte an. Dann gibt es das erste Duett, das beiden so unterschiedlichen Charakteren abverlangt, zueinander zu finden. Ein weiterer Mozart-Klassiker steht auf dem Programm. Aus La clemenza di Tito präsentieren die Sängerinnen Ah perdona al primo affetto – Vergib die erste Zuneigung. Das Publikum ist jetzt schon begeistert. Und vernimmt wohlgesonnen den Wechsel ins deutsche Fach. Woodling singt die Zueignung und die Heimliche Aufforderung von Richard Strauss in einer sehr eigenwilligen Interpretation, ehe Tsartsidze sich dem Liebeslied Ich suche nach dir des landsmännischen Komponisten Revaz Lagidze nach einem georgischen Volkslied widmet. Erste Bravo-Rufe ertönen. Eine schäumende Mischung, der Woodling die Seguedilla aus Georges Bizets Carmen hintansetzt. Bleibt die Arie Bel raggio lusinghier aus Gioacchino Rossinis Semiramide, von Tsartsidze in diesem Reigen ein wenig inhaltsleer, gelingt der Geschmack von Champagner eindeutig mit der Barcarole aus Jacques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen.
Da fühlen sich am Getränkeausschank in der anschließenden Pause viele Besucher inspiriert. Sehr zum Gefallen des Gastgebers. Denn so sehr Lausberg die hervorragenden musikalischen Leistungen genießt, ist ihm das Gespräch der Besucher mindestens ebenso wichtig. Es geht nicht um den pünktlichen Beginn der Veranstaltung, wie auch die Pause keine bestimmte Länge zu haben braucht. Inmitten der herausragenden musikalischen Leistungen ist einfach von Bedeutung, dass das Publikum sich gut unterhält. Das hat mediterranen Flair und dient der Kunst. Als Lausberg das erste Mal zum Ende der Pause auffordert, machen sich viele Gäste noch einmal auf, um die Ausstellung zu besichtigen. Schließlich führt der wunderbare zivile Ungehorsam doch zur Rückkehr auf die Plätze, und die Sängerinnen können in der großartigen Begleitung von Behiel mit ihren musikalischen Darbietungen fortfahren.
Stephanie Woodling mit Meghan Behiel – Foto © O-Ton
Ob Sull’aria, das Duett aus Mozarts Le nozze di figaro, das Richtige ist, um die Besucher wieder auf die Fährte des klassischen Hochgesangs zu bringen, darüber mag man streiten. Aber Ani Tsartsidze reißt das Publikum anschließend mit sich, wenn sie zur Operette wechselt und Mein Liebeslied muss ein Walzer sein von Robert Stolz schmettert. Stephanie Woodling setzt noch mal einen besonderen Akzent mit Kurt Weills Youkali. Mit jedem weiteren Lied steigt die Stimmung. Vor allem, als Tsartsidze und Woodling das Publikum zum Mitsingen einladen. Die Sopranistin gibt das Vilja-Lied aus der Lustigen Witwe von Franz Léhar zum Besten, und das Publikum lässt sein La la la mit größtem Eifer erklingen. Woodling kann die Besucher allerdings mit Du hast Glück bei den Frau’n, Bel Ami! noch mehr begeistern. Der Schlager, der 1939 erstmals von Lizzi Waldmüller im Willi-Forst-Film Bel Ami gesungen wurde, hat sich fest in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, auch wenn er heute nur noch selten erklingt. Ab jetzt ist nur noch gute Laune gefragt. Und die kann mit der schmissigen Interpretation des Duetts Voga, o Tonio benedeto von Gioachino Rossini deutlich gesteigert werden, bei dem zwei Frauen ihre Liebsten bei einer Regatta anfeuern. Auch das Katzen-Duett des Komponisten sorgt immer für viel Freude. Und die Zugabe ist sozusagen das Feuerwerk, das zum Abschluss des Konzerts gezündet wird. 1950 von Rudi Schuricke erstmals gesungen – ja, das ist der mit den Fischern von Capri – hat sich Auf Wiedersehen längst zum deutschen Volkslied entwickelt. Es ist aber auch schön.
Die Freude des Publikums über einen solchen Abend ist grenzenlos, und lange bleiben die Gäste noch in der Galerie. Viele von ihnen werden sicher am 27. August wieder erscheinen, wenn das letzte Galerie-Konzert dieses Jahres auf dem Programm steht. Denn auch das verspricht wieder, ein ganz besonderer Abend zu werden. Dann wird die Sopranistin Monika Rydz gemeinsam mit Meghan Behiel einen griechischen Abend gestalten. Bernd Lausberg hat es versprochen: Nach den Sommerkonzerten in der Galerie geht es weiter mit Kultur. Und inzwischen steht fest, dass der nächste wichtige Termin in der Düsseldorfer Hohenzollernstraße der 17. Oktober ist.
Michael S. Zerban