O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Christian Nielinger

Aktuelle Aufführungen

Das Lachen endet in Tränen

COSÌ FAN TUTTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)

Besuch am
24. November 2021
(Premiere am 17. November 2021)

 

Musikhochschule Köln, Zweigstelle Aachen, im Theater Aachen

Rundum zufriedenstellende Aufführungen von Mozarts Oper Così fan tutte sind selten. Umso überraschender, wenn ausgerechnet eine mit Musikstudenten besetzte Produktion des anspruchsvollen Werks tiefere Eindrücke hinterlässt als manche aufwändige Darstellung etablierter Bühnen.

Doch genau das ist den Studenten und Professoren der Musikhochschule Köln/Aachen gelungen. Und zwar sowohl musikalisch als auch szenisch. Für vier Aufführungen an der Musikhochschule Köln und im Aachener Theater sind zwei Besetzungen vorgesehen. Das in Aachen angetretene Ensemble beeindruckt auf ganzer Linie, so dass qualitative Abstufungen, gemessen am Ausbildungsstand der jungen Sänger, fehl am Platz wären. Alle zeigen sich stimmlich bestens vorbereitet und stehen den fast dreieinhalbstündigen Abend mit wachsender Spielfreude und Konzentration durch. Amy Schillings als Fiordiligi überzeugt mit vorzüglichen Vorträgen nicht nur ihrer großen Arien, Takahiro Namiki als Ferrando mit seinem auch in den Höhen mühelos ansprechenden Tenor, Sarah-Lena Winterberg als Dorabella mit ihrem leicht geführten Mezzo und Myunghoon Park als Guglielmo mit seinem markanten Bariton. Auf gleichem Niveau empfehlen sich Franziska Groß als Despina mit ihrem hellen, geschmeidigen Sopran und Michael Krinner als Don Alfonso.

Foto © Christian Nielinger

Die Partien wurden offenbar äußerst sorgfältig einstudiert, wozu auch die Ausführung der komplexen Rezitative gehört. Das Hochschulorchester beeindruckt bereits in der heiklen Ouvertüre durch Präzision, Vitalität und Klangschönheit. Der engagiert auftretende Chor lässt es in seinen kurzen Auftritten nicht an Schlagkraft missen.

Stephan E. Wehr sorgt am Pult des Orchesters für einen pannenfreien Ablauf ohne nennenswerte Verständigungsschwierigkeiten zwischen Graben und Ensemble. Das jugendliche Charisma der Ausführenden erhöhte zudem die Glaubwürdigkeit der auf den ersten Blick konstruiert wirkenden Handlung um zwei Liebespaare, die nach einer bösen Wette über die Treue der Frauen desillusioniert feststellen müssen, wie brüchig und verletzlich Liebesgefühle sein können. Regisseur Thilo Reinhardt tut gut daran, die Handlung in die Karnevalszeit zu verlegen, wodurch sich die Maskeraden in einen logischen Kontext einbinden lassen. Wichtiger noch, dass er auf jeden billigen Klamauk verzichtet und mit ebenso großer Spielfreude wie Sensibilität die von Mozart mit unvergleichlicher Treffsicherheit ausgedrückte Doppelbödigkeit der unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen der Frauen und Männer herausarbeitet. Was die Männer anfangs als Komödie empfinden, erleben die Frauen als erschütternde Tragödie, bis am Ende auch das Lachen der Männer in Tränen und Irritation endet.

Anspruchsvolle Herausforderungen, die das Ensemble erfreulich differenziert erfüllt. Und zwar in hellen Dekorationen von Alfred Peter, der auch für die fantasievollen Kostüme verantwortlich ist, die in dieser Inszenierung mit ihren zahlreichen Kleiderwechseln unterstreichen, wie fließend die Grenzen zwischen eigener Identität und trügerisch maskierter Illusion sein können.

Zurecht langanhaltender, begeisterter Beifall für eine kurzweilige, spannende und künstlerisch hochwertige Mozart-Produktion.

Pedro Obiera