Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
WIE ES EUCH GEFÄLLT
(William Shakespeare)
Besuch am
13. Mai 2017
(Premiere)
Traditionell zeigt das Rheinische Landestheater Neuss als letzte Premiere der Spielzeit ein Shakespeare-Stück, das dann als Gastspielbeitrag beim anschließenden Shakespeare-Festival im Globe-Theater Neuss noch einmal aufgeführt wird. Eine schöne Sitte, die die Verbundenheit der Kulturinstitutionen in der Stadt zum Ausdruck bringt und gleichzeitig Kosten spart. In diesem Jahr steht Wie es Euch gefällt auf dem Programm. Ein Werk, das so bekannt wie komplex ist. Bei aller komödiantischen Überdrehtheit liegt die Kunst der Umsetzung wohl vor allem darin, die Figuren sauber zu zeichnen, wenn das Publikum die zahlreichen Doppelungen und Verwirrungen nachvollziehen soll. Intendantin Bettina Jahnke hat die Inszenierung Ronny Jakubaschk anvertraut.
Musik | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
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Regie | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
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Der Regisseur dürfte sich zunächst einmal gemeinsam mit seiner Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Sörensen gefragt haben, wie ein Wald aussieht. Und ob man wirklich die zwei getrennten Welten benötigt, die Shakespeare vorsieht. Letzteres verneinen die beiden. Über die Wahl der Kostüme lassen sich die Rollenwechsel gut darstellen. Treten die Personen in der einen Welt in grauen Geschäftsanzügen auf, gehen sie es in der anderen Welt bunt an, Jakubaschk spricht von karnevalesk – na ja, das sei dem Mann aus Cottbus mit rheinischer Toleranz nachgesehen. Immerhin sind Kostüme mit Superman- und Cinderella-Assoziationen im Einsatz. Und was ist denn schon ein Wald, wenn man mal vom Indian Summer absieht? Eine Ansammlung von Fluchtpunkten und Sehnsuchtsorten in Braun und Grün. Also etwa so wie eine Umkleide eines mondänen Bekleidungsfachgeschäfts. Darauf muss man kommen, bitte schön. Hochwertige Kabinen aus Holz mit grünen, schweren Samtvorhängen, davor ein paar Teppiche, links ein Kleiderständer, rechts eine Ankleidepuppe. Fertig ist ein geniales Bühnenbild. Das Ganze wird noch ein wenig mit dem richtigen Licht und ein paar Projektionen verfeinert. So einfach geht eine richtig gute Bühne.
Für die Schauspieler ist da allerdings gar nichts einfach, sondern vielmehr Schwerstarbeit. Denn die Vorhänge müssen an diesem Abend unendlich viele Male aufgerissen und zugezogen werden. Das kostet viel Kraft. Die Darsteller lassen sich davon nichts anmerken, sondern sind ganz auf ihre schrittgenauen Bewegungsabläufe und das enorme Textpensum konzentriert, das sie nahezu fehlerfrei beherrschen. Mit Johanna Freyla Iacono-Sembritzki hat Jakubaschk einen kongenialen Ganymed besetzt. Wie sie den Wortwitz, die dazugehörige Mimik und Gestik der Rosalind bis ins kleinste Detail beherrscht, ist preisverdächtig. Und das trotz einer unsäglichen Perücke. Bei Anna Lisa Grebe weiß man immer noch nicht so recht, wo eigentlich ihre Stärken liegen. Bis jetzt jedenfalls hat sie in keiner Rolle Schwächen gezeigt. So auch nicht als Celia beziehungsweise Aliena. Hier gefällt sie mit der verträumten Leichtigkeit der Cinderella ebenso wie bei den Untertönen. Pablo Guaneme Pinilla gibt vor allem in den intensiven Momenten einen absolut überzeugenden Orlando. Hervorragend auch Andreas Spaniol in den Rollen der Herzöge, sein Auftritt in der Shakespeare-Maske bereitet großen Spaß. Herrlich das Paar Hergard Engert als La Belle und Phoebe sowie Michael Meichßner als La Beau und Silvius. Vor allem Engerts sexuelle Obsession ist großartig. Stefan Schleue treibt die Geschlechter-Verwirrung gekonnt auf die Höhe. Und Christoph Bahr glänzt als Oliver.
Für die Musiknummern und den Klang zeichnet Christoph Iacono verantwortlich. Dass die Instrumente über die Lautsprecher kommen, hätte man vermutlich auch anders lösen können. Die Geräuschkulisse ist ambivalent. Ansonsten wird versucht, den Klang des 16. Jahrhunderts nachzuempfinden. Das gelingt mehr oder weniger. Insgesamt schadet die Musik dem Stück nicht, und mit dem Song zum Tod des Hirschen gelingt gar ein Publikumserfolg.
Jakubaschk und seinem Team ist es gelungen, ein Drei-Stunden-Stück mit viel Witz nahezu ohne Längen auf die Bühne zu bringen. Großartig, findet das Publikum, das an diesem Abend viele Plätze leergelassen hat, und applaudiert intensiv. Nachdem der Einstand derart gelungen ist, ist zu hoffen, dass die Zuschauer dann beim Shakespeare-Festival die Aufführung stürmen werden. Verdient hat sie es allemal.
Michael S. Zerban