Ganz so wie der „Meister“ (?)
Im oberösterreichischen Wels treffen sich seit einigen Jahren Freunde der Werke Wagners, erwarten den unverfälschten Geist der Werke des verehrten „Meisters“, verstehen sich als Hort der „Werktreue“ und erleben in einem intimen, atmosphärisch dichten Theater von 1904 höchstkarätigen Wagner-Gesang, hören orchestral perfekten Wagner-Klang - und werden nicht durch dekonstruierende Regie-Interpretationen irritiert.
Renate Doppler ist der spiritus rector des ambitionierten Unternehmens, steht für den spektakulären Erfolg des auf Bewahrung bestehenden Projekts.
Opernnetz: Wie entstand die Idee, gerade in Oberösterreich ein dezidiert „unverfälschtes“ Wagner-Festival zu inaugurieren? Welche Motive bestimmen das staunenswerte Projekt? Wer unterstützt das ambitionierte nachhaltige Vorhaben?
Renate Doppler: Nachdem das Welser Stadttheater in Familienbesitz ist und mein Vater, Gründer der Firma TRODAT mit Sitz in Wels, dieses Festival subventioniert, war es naheliegend hier dieses Projekt zu starten. Allerdings war es im Jahr 1995 nicht abzusehen, welches Ausmaß und welchen internationalen Ruf dieses Festival bekommen sollte.
Opernnetz: Wagner-Enthusiasten aus Europa auf die Festspiele in Wels zu fokussieren, ist eine hoch anspruchsvolle kommunikative Herausforderung. Welche „Zielgruppe“ steht da im Zentrum der Aktivitäten? Welche kommunikativen Mittel werden eingesetzt, um diese Gruppe zu erreichen? Welche Partner spielen dabei eine Rolle? Und: Hat das Festival Auswirkungen auf das kulturelle Klima der ökonomisch boomenden Region?
Renate Doppler: Hauptsächlich war es Mundpropaganda der Besucher und ganz wesentlich auch der mitwirkenden Künstler, die den Ruf weit über die Grenzen getragen haben. Natürlich sind wir immer sehr gut in den internationalen und nationalen Medien mit Inseraten und redaktionellen Berichten vertreten. Auf das kulturelle Klima Oberösterreichs hat das Festival sicher eine große Auswirkung.
Opernnetz: Wie geht es mit dem Festival weiter: Ist ein Ring geplant? Wird es möglicherweise mehr als vier Aufführungen geben? Ist ein „Winter-Festival“ angedacht? Wird es Kooperationen mit anderen Häusern geben? Gibt es Engagements junger Sänger, Regisseure, Bühnenbildner, Dramaturgen? Sind „moderne“ Opern in der Wagner-Nachfolge vorstellbar?
Renate Doppler: Ein Ring ist nicht geplant, doch es wird möglicherweise einmal mehr als vier Vorstellungen geben, dies Team wird sich in nächster Zeit nicht ändern, wohl werden aber auch immer wieder junge Sänger in unser Staraufgebot mit einbezogen. Wagner „modern“ im Sinne von Neudeutungen und Verfremdungen wird es bei uns sicher nie geben. Unser Publikum will uns so wie es eben ist.
(Die Fragen stellte Franz R. Stuke.)
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