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DAS BEBEN
(Awet Terterjan)
16. März 2003 (Uraufführung)


Staatstheater am Gärtnerplatz (München)

 
 



Oper der modernen Art
Von Barbara Welz

"Das Beben", 1984 komponiert, basiert auf Heinrich von Kleists Novelle "Das Erdbeben in Chile" aus dem Jahre 1806 und thematisiert das Schicksal eines jungen Paares, das von seiner wegen Standesunterschieds verbotenen Liebe nicht lassen will und deshalb zum Tod verurteilt wird. Die Hinrichtung wird zwar vereitelt, doch werden die beiden von einer fanatisierten Menge, die in ihnen die Schuldigen für die Naturkatastrophe sieht, erschlagen.

Dieser alte Stoff wird nun in einer ganz neuen Darstellungsform geboten, was eine Umfunktionierung des Theaterraums zur Folge hatte: Die Aufteilung in Bühne, Orchestergraben, Zuschauerraum wurde aufgehoben, statt dessen dient das leer geräumte Parkett als Spielfläche, bestehend aus vier beweglichen rechteckigen Holzquadern, die meist zu einer Kreuzform angeordnet sind. Dort herum gruppiert sitzen Streicher und Schlagzeug, während die Blechbläser auf der Bühne postiert sind. Der größere Teil der Bühne gehört dem Publikum, so dass dieses - auf der Bühne und auf den Rängen - die Spielfläche arenenartig umgibt und auf diese Weise der voyeuristischen Menge des Stücks ähnelt. Auch der Chor (Chor, Extrachor, Kinderchor) singt von den Rängen herab.

Der Dirigent Ekkehard Klemm muss seine Truppe also nach allen Richtungen hin befehligen und tut dies, indem er - überlegene Sicherheit ausstrahlend - für bezwingenden Raumklang sorgt. Dabei besticht das riesige Orchester, verstärkt durch sieben Tonbandzuspielungen, durch seine geradezu perfekte Umsetzung der suggestiven, mitunter quälend langsamen, bisweilen dramatischen Höhepunkten aufwühlenden Musik, in der sich experimentelle Kompositionstechniker mit armenischer Folklore von archaischer Pracht mischen.

Die Sängerdarsteller bieten ansprechende Leistungen. Das Paar, auf "Sie" und "Er" reduziert, wird von Ruth Ingeborg Ohlmann und Wolfgang Schwaniger eindringlich verkörpert. Die dritte Hauptperson, der Tänzer, mit einer überdimensionalen Kopfmaske ausgestattet, soll die gesichtslose und brutale Masse repräsentieren und beherrscht an den entscheidenden Stellen das Spielgeschehen eindrucksvoll. Der Chor, auf den Rängen und erst am Ende um das Kreuz versammelt, wird den schwierigen Anforderungen reaktionsschnell und mit größter Präzision gerecht.

Der Regisseur Claus Guth verzichtet, von einigen Lichtspiel-Effekten und Projektionen abgesehen, bewusst auf alles aufwändig Dekorative und treibt die Sänger zu sparsamen Aktionen an; die karge Szene tritt gegenüber der alles beherrschenden Musik zurück.

Das Publikum folgt der Aufführung äußerst konzentriert und gefesselt. Die bei modernen Werken sonst übliche Abwanderung in der Pause fand nicht statt, so dass das Haus auch am Ende der Vorstellung bis auf den letzten Platz besetzt war. Lang anhaltender Beifall dankte sämtlichen Mitwirkenden.

 

POINTS OF HONOR

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


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