L'Amico Fritz wird selten gespielt. Mascagnis heitere Pastorale aus dem elsässischen Landleben wird in Hildesheim mit einem banalen deutschen Text, einer nicht erkennbaren Inszenierungsidee (Martin Gelzer), überforderten Sängern in einem x-beliebigen Dekor zum hölzernen Herumstehen mit lebloser Musikbegleitung (Achim Falkenhausen). Man fragt sich, wo die künstlerische Selbstkritik geblieben ist, um das Hochgehen des Vorhangs zu stoppen!

Ganz anders die folgende Cavalleria: Wolfgang Lachnitt zeigt Turiddo als aggressiven Hosenträger-Macho, brutal egozentrisch; am Ende die individuell starke, gesellschaftlich chancenlose Santuzza - eine aufregend aktuelle Sicht auf existentielle Konflikte!

Kathrin Hegedüschs Bühne wird von einem monumentalen Kreuz beherrscht, begrenzt durch perspektivisch verengende Wände - leider vermasselt "Willi, der den Lappen fallen lässt" die Pointe: auf den fulminanten musikalischen und optisch-inhaltlichen Schluss schleicht sich der Vorhang herab, als ob's das Ausblenden eines Oratoriums wäre.

Aukse Marija Petroni hat enorme darstellerische Kompetenz und vermittelt intensive stimmliche Akzente: dramatisch, höhensicher mit einigen Schärfen, aber immer von beherrschter Emotionalität. Anton Kuhns Turiddo fehlt der große tenorale Glanz, doch fasziniert er sowohl durch seine Proll-Attitüde als auch durch seine souveräne Beherrschung der realisierten Tessitura. Uwe-Tobias Hieronimi gibt einen gezwungen-agierenden Alfio mit kraftvollem Bariton.

Das Hildesheimer Publikum verbreitet eine aufmerksam sympathisierende Atmosphäre, durchaus nicht unkritisch, wie die Pausengespräche nach dem total vergeigten "Freund Fritz" zeigen. (frs)