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Fakten zur Aufführung 

ALI BABA UND DIE 40 RÄUBER
(ALI BABA & 40)

(Selman Ada)
11. April 2012
(Premiere am 25. März 2012)

Wuppertaler Bühnen


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Sesam, öffne dich

Edward Said, der berühmte Orientalistikforscher, würde sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen angesichts der Szenerie, die diese kunterbunte türkische Märchenoper dem Wuppertaler Publikum präsentiert. Intendant Johannes Weigand inszeniert unkritisch und schöpft aus dem vollen Schatz der arabischen Märchenwelt. Das Publikum hat aber Spaß und die Akteure offensichtlich auch – so kann man vor dem Hintergrund einer „Oper für die ganze Familie“ auch mal beide Augen zudrücken, wenn ein Klischee das andere übertrifft. Allerdings werden Schnabelschuhe, Turbane, Bauchtanz und Minarette nicht ohne ein kleines ironisches Augenzwinkern durch Musik und Akteure transportiert.

Statt Übertiteln werden Texte zwischen den Szenen auf die Bühne projiziert, die den weiteren Handlungsverlauf erläutern und so die Übertitel überflüssig machen, die aber trotz guter Artikulation der Beteiligten hin und wieder wünschenswert wären. Das Libretto vom türkischen Dichter Tarık Günersel wird größtenteils auf deutsch gesungen, was leider der Oper nicht zugute kommt. Es ist doch stark zu merken, dass die Musik für eine andere Sprachmelodie geschrieben wurde, was besonders dann auffällt, wenn man die türkischen Passagen wie beispielsweise im Wiegenlied und im Liebesduett hört.

Bühne und Kostüm gestaltet Markus Pysall. Während die Bühne relativ schlicht gehalten ist, vereinen im Gegensatz dazu die opulenten orientalischen Kostüme alles, was gemeinhin als „orientalisch“ und der Welt von 1001 Nacht zugehörig verstanden wird. Da ist der „Taliban-Bart“ ebenso wie ein Fez, Pluderhosen und Schnabelschuhe, kostbare golddurchwirkte Materialien ebenso wie einfache Beduinengewänder. Einen Moment erinnern die Säcke, in denen die Räuber sich verstecken, unangenehm an Burkas. Schön – ja. Aber auch durchdacht? Dafür ist das Bühnenbild mit der senkrecht fahrbaren Räuberhöhle und den silhouettenartigen Häuserfassaden und der schemenhaften Wüste gut gemacht. Ein besonders schöner Einfall ist das Puppenspiel, das einen Teil der Handlung in Miniaturform wiedergibt. Gewöhnungsbedürftig sind die langen Umbauphasen, in denen das Publikum sich selbst überlassen ist.

Musikalisch lässt dieser Abend aufhorchen. Das Sinfonieorchester unter der Leitung von Florian Frannek ist hervorragend und spielt die folkloristisch-türkisch angehauchten Melodien mit den rhythmischen Akzentuierungen akkurat und schmeichelnd. Das Ensemble der Wuppertaler Oper zeigt, dass es großen Spaß hat, an dieser Märchenoper mitzuwirken. Allen voran überzeugen Chor- und Extrachor mit wuchtigen und dabei glasklaren Passagen. Da hat Jens Bingert gute Arbeit geleistet. Banu Böke als Nurcihan singt trotz Indisposition ansprechend und spielt die schlaue Sklavin mit Charme. Ayşe wird von Arantza Ezenarro ebenfalls überzeugend gesungen. Mit Abstand die beste Darstellerin ist Joslyn Richter als hinterlistige Zeynep, die trotz akuter Kehlkopfentzündung alles gibt. Sie tanzt und singt wunderbar und hat eine beeindruckend sprechende Mimik. Ünüşan Kuloğlu, kürzlich erst zum besten männlichen Sänger der Türkei ausgezeichnet, spielt Ali Baba äußerst sympathisch und natürlich. Stimmlich gerät er teilweise an Grenzen, was seiner Leistung insgesamt aber keinen Abbruch tut. Michael Tews lässt als Räuberhauptmann seinen markigen Bass schön erklingen. Olaf Haye hat nach seinem frühen Bühnentod als Kasım leider nicht mehr allzu viel zu singen, bringt das Publikum aber als Geist zum Lachen. Miljan Milović als Abdullah überrascht mit schön geführtem und fast tenoralem Bariton.

Das Publikum, darunter auch nicht wenige Kinder, muss viel lachen und applaudiert und jubelt kräftig. „Cultural correctness“ hin oder her: kurzweilig ist das Spektakel allemal.

Miriam Rosenbohm

 







Fotos: Uwe Stratmann