Faszination Gesang
In Nordhausen ist klassischer Opern-Gesang in Perfektion zu erleben, wird La Traviata zum „Kraftwerk der Gefühle“ mittels der Faszination magischer Stimm-Kompetenz.
Cristina-Antonaeta Pasarolu - aus Rumänien stammend, ausgebildet in Bologna und Wien – ist die primadonna assoluta, fasziniert mit emotionalisierendem Timbre, intoniert präzis, phrasiert souverän, dringt mit ihrem suggestiven Sopran in die Gefühlssysteme des Publikums, brilliert mit stimmlichen Variationen par excellence, „spielt“ mit Freude, Liebe, Leiden, Hoffnung, Todesahnung und Überlebenswillen: Eine Traviata wie aus dem Wunsch-Utopia der Opernzukunft!
Richard Carlucci ist Traviatas Antipode Alfredo: stimmlich souverän, im spinto beeindruckend, trotz Transponierung gekonnt im Ausdruck, variabel in der Phrasierung.
Gavin Taylor gibt einen hilflos-flehenden Germont mit baritonaler Grundstruktur, melodiös unbegriffene Gefühle artikulierend.
Das Nordhauser Ensemble überzeugt ohne Ausnahme: Anja Daniela Wagner als klar intonierende Flora; Brigitte Roth mit nachdrücklich artikulierender Annina; Michael Schober als sonorer Dottore – und die im Dienst des Ensembles rollen-interpretierend singenden comprimari: Glückwunsch!
Der Chor präsentiert Verdi-Klänge in geglücktem kollektiven Gesang.
Margherita Colombo führt das Loh-Orchester Sondershausen – zum ersten Mal! – zu sensibler Übereinstimmung mit den Sängern; geglückt die weichen Passagen der Violinen, mit leichten Anklängen an die gefürchteten „Humpta-Töne“ anderer Instrumentengruppen: Ansatzloses Spielen ist die permanente Forderung.
Wolfgang Kurima Rauschning baut einen Spielraum mit einem dekorativen Halbrund, verkleidet mit bühnenhohen Stores, durch Licht atmosphärisch aufgeladen – mit Pyro-Technik dramatisch gesteigert.
Enke Eisenberg hält sich in der Inszenierung zurück, lässt eine stumme todkranke Violetta während des Untergang-Dramas auf der Bühne agieren, überlässt den Raum den Stimmen.
Das schmucke Theater Nordhausen ist bis auf den letzten Platz besetzt; einige Besucher husten und plaudern zu viel; aber die gebannte mehrheitliche Zustimmung bestimmt das Auditorium und findet Ausdruck in spontanen standing ovations, wenn Cristina Antoaneta Pasarolu beim Schlussapplaus auftritt.
Franz R. Stuke
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