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Fakten zur Aufführung 

ES GRÜNT SO GRÜN...
(Songrevue nach Frederic Loewe)
16. November 2013
(Premiere)

Theater Münster


Points of Honor                      

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James Bond trifft Eliza Doolittle

Seit der Uraufführung 1956 hat das Musical My fair Lady von Frederick Loewe so manche Adaption erlebt. In Münster haben sich Götz Alsmann und seine Band der berühmten Evergreens angenommen. Wer erwartet hat, dass sich Alsmann auf eine theatralische Parodie einließe, der hat sich in dem Entertainer gründlich getäuscht. Seine Songrevue unter dem Titel Es grünt so grün… findet den Spaß vor allem in der Musik.

Alsmann versetzt die Zuschauer in eine rauchige Kneipe der 1950-er Jahre mit einer Jazzband, die mit Hilfe von Trinkgeld und Wachholderschnaps dazu überredet wird, die Highlights aus My fair Lady zu spielen. Gesagt, getan – und schon macht sich die fünfköpfige Band daran, sich chronologisch durch das Musical zu arbeiten. Wenn Higgins alias Alsmann über die Unzulänglichkeiten der englischen Sprachlehre schwadroniert, registriert der Zuhörer, dass sich das nicht so ganz nach dem Original von Loewe anhört. Kein Wunder – denn die Alsmann-Band peppt die Musik mit dem Stil der Fünfziger auf. Swing, Jazz, Bossa-Nova, Cha Cha treffen auf die berühmten Melodien. Und wer genau hinhört, amüsiert sich über die vielen musikalischen Zitate: Wenn Eliza Doolittle sich zu Warts nur ab, Henry Higgins in den Dienst ihrer Majestät wünscht, auf dass Professor Higgins an die Wand gestellt werde, verwandelt die Alsmann-Band das Lied in den Stil einer James Bond-Titelmelodie. Altfrid Maria Sicking am Vibraphon steuert dazu auch das berühmte Motiv des Agentenfilms bei. Wenn Eliza ihre Spracherziehung gemeistert hat, wird sie auf dem Pferderennen auf der Ascot-Bahn als englische Lady erstmals vorgestellt. Alsmann parodiert die dafür komponierte Ascot-Gavotte auf dem Banjo, während Percussion-Spezialist Markus Paßlick mit Kokosnuss-Schalen in der Hand über die Bühne trabt. Die Ritter der Kokosnuss lassen grüßen.

Nichtsdestotrotz muss man bei einem Routinier wie Alsmann nicht befürchten, dass nur musikalische Kenner auf ihre Kosten kommen. In einer etwas lang geratenen Einleitung, in der Alsmann den Bogen von der literarischen Vorlage Pygmalion aus der Feder von Goerge Bernhard Shaw bis zum Musical spannt, bringt er den Inhalt aktualisiert auf den Punkt: „Wenn sie ihren Sohn zu einem Logopäden wie Professor Higgins schicken, weil er spricht wie Lukas Podolski, dann kann es sein, dass sie eine englische Lady zurück bekommen“. Das versteckte Plädoyer des Musicals für die Bildung wird von Alsmann ausdrücklich gelobt. „Und dann kommt ein einziger Augenblick, der alle Bemühungen von Kunst, Schule und Wissenschaft zunichtemacht: Bauer sucht Frau!“

Wie versprochen singt Alsmann alle Rollen, vom rotzigen Alfred P. Doolittle bis zum verliebten Freddy Eynsford-Hill. Auf großartige sprachliche Raffinessen verzichtet er, „wir Westfalen haben schließlich keinen Dialekt“. Um das Programm noch etwas zu strecken, baut die Alsmann-Band noch ein paar passende Zusätze ein, zum Beispiel Blumen für die Dame oder Schlags nach bei Shakespeare. Doch was auch gespielt wird, gute Laune und musikalisch feinste Kost sind garantiert. Das Publikum im nahezu ausverkauften Großen Haus scheint sich anfangs noch nicht so sicher, wie es auf den Abend reagieren soll. Und so taut es über alle Stationen nach und nach auf. Höflich lachen, vorsichtig mitklatschen, und spätestens, wenn sich Alsmann alias Higgins in Rage singt – Lass ein Weib an mich heran! – dann ist das Publikum völlig aus dem Häuschen. Jedes Solo von Schlagzeug, Bass oder Vibraphon wird begeistert beklatscht. Die Schultern schwingen hin und her – wenngleich immer noch mit der westfälischen Körperbremse. Lachgarantie gibt es, wenn die Bandmitglieder bei Alsmann in die Sprachschule müssen: Es grünt so grün wenn Spaniens Blüten blühen… singen sie deutlich vorsichtiger, als man es von ihren Instrumenten gewohnt ist. Drei Zugaben erklatscht sich das völlig begeisterte Publikum – bei der letzten Zugabe sind sie selber dran. „Es grüüüüünt so grüüüüüüüün...“. Götz Alsmann geht mit dem Jubel ganz gelassen um: „Jungs, wenn die jetzt schon so klatschen, was wird dann erst kommen, wenn wir es richtig können?“ Ein bisschen Zeit haben sie ja noch zum Üben, denn zum nächsten Mal steht die Liedrevue erst im März wieder auf dem Spielplan.

Christoph Broermann

Fotos: Oliver Berg