Kronen für alle
Händel ist immer wieder neu zu entdecken: Franziska Severin inszeniert in Halle Händels opus über den einzigen sächsischen Kaiser (Otto II.) und seiner byzantinischen Braut Teofano mit nachgerade englischem Humor, ironisch distanziert – dabei absurde Konstellationen zelebrierend: mit viel Liebe zu den taumelnden Figuren. Christian Geltingers Dramaturgie versteht Händels Blick auf eine bizarre Geschichte – und sorgt obendrein mit kommunikativ-stimulierenden Übertiteln für das Nachvollziehbare im Publikum.
Skurrile Disproportionaltäten prägen das imaginierende Bühnenbild von Helmut Brade, korrespondieren mit dem ambivalenten Inszenierungskonzept und vermitteln die angemessen-satirische Ästhetik.
Mit dem Händelfestspielorchester präsentiert sich ein hoch authentischer Klangkörper, der souverän mit den Händel-Vorgaben umgeht; Marcus Creed dirigiert sehr gezielt, betont die „populären“ Akzente, begleitet die Solisten mit hingebungsvollen Einsätzen der kommentierenden Passagen – entwickelt einen luzid-provozierenden Händel-Klang!
Das Solisten-Ensemble beeindruckt als eingespieltes Händel-Team: spielfreudig und interpretationsstark. Matthias Rexroth ist mit seinem klangschön-ausdrucksstarkem Countertenor ein hinreißender Ott; Ines Lex fasziniert als naiv-raffinierte Teofano mit zauberhafter Barock-Modulation; Romelia Lichtenstein gelingt ein überzeugendes Porträt der Gismolda; Ki-Hyun Park gibt mit stimulierender Intonation dem Emirono interpretierende Stimme; Alan Hararis Adelberto wird wie Ulrike Schneiders Matilda zu Kabinettstücken authentischer Musiktheater-Komik!
Im Theater Halle versammelt sich zur Premiere ein international kundiges Publikum, ist von der lustvoll-ironisierenden Händel-Deutung – musikalisch, sängerisch, dramaturgisch, szenisch – hingerissen, folgt intensiv und feiert die Präsentation mit enthusiastischem Applaus. Die Händel-Festspiele erleben ein authentisches Wiederbeleben der Händel-Performance zu barocken Londoner Zoten!
Franz R. Stuke
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