Innere Monologe
Franco Alfano ist bekannt als der umstrittene Vollender von Puccinis Turandot - aber er war ein renommierter Komponist zu Anfang des 20. Jahrhunderts. 1904 wurde seine Oper Ressurrezione nach Tolstois Roman in Turin uraufgeführt und machte Furore.
Nach Jahrzehnten bemüht sich das Mittelsächsische Theater in Freiberg um eine Wiederbelebung, demonstriert die profunde Kompositionskunst des Neapolitaners und sein emotionales Verhältnis zu Tolstois Roman „Auferstehung“.
Innere Monologe bestimmen das Geschehen der erniedrigt-liebenden Katjuscha, die an ihrem Galan Dimitri verzweifelt, am Ende kraft ihrer moralischen Substanz „aufersteht“.
Mit Lilia Milek ist im intimen Freiberger Theater eine beeindruckend-emotionalisierende Stimme als Katjuscha zu hören – und mit Christian S. Malchow ein ambivalenter Dimitri mit dramatischer Intonationskraft. Das Freiberger Ensemble wirkt überzeugend in den geforderten Gesangs-Rollen.
Die Mittelsächsische Philharmonie interpretiert unter dem umsichtig dirigierenden Jan Michael Horstmann aus dem begrenzten Orchestergraben einen angemessenen spätromantischen Orchesterklang, unterstützt die Solisten auf der Bühne mit zurückhaltendem Nachdruck – lässt die Zustimmung zu der eingängig-melodiösen Musik Alfanos deutlich werden.
Judica Semler verzichtet als Regisseurin auf irgendwelche Inszenierungsideen, positioniert die Protagonisten in ihren vorgegebenen Platzierungen und gibt Gelegenheiten zu regie-freiem Singen.
Tilo Staudtes Bühne bleibt klischeehafte Tolstoi-Dekoration - da wird schon eine Katjuscha im Gegenlicht zum szenischen Highlight.
Das wunderbare Theater in Freiberg ist bei der Derniere voll besetzt, die Zustimmung ist groß - und ein „kleines“ Theater wird zum beglückenden Ort „großen Theaters“!
Franz R. Stuke
|