Alltagsklänge „konzertant“
Auf dem Podium der renommierten Philharmonie Essen sind die großen Orchester der Welt zu erleben. Diesmal wird der Saal beherrscht von mehr als hundert Schülern des Schulzentrums Stoppenberg Essen, des Viktoria-Gymnasiums Essen, der Gesamtschule Gelsenkirchen-Horst und der Gesamtschule Gelsenkirchen-Ückendorf. Ein Orchester der besonderen Art, das sich in der Instrumenten-Konfiguration erheblich von gewohnten Sinfonie-Orchestern unterscheidet - aber nicht im musikalisch-kommunikativen Anspruch.
„Instrumente“ sind Besenstiele, Schneebesen, Papp-Hocker, Luftballons und Lineale, die sich kollektiv und individuell rhythmisch aktivieren lassen; aber auch virtuos-alternativ gehandhabte Violine, an den Saiten bearbeiteter Flügel, rustikales Xylophon und ordinäre Klangstäbe sowie Keyboard-Effekte und variierter Pop-Gesang. Das alles geschieht mit Unterstützung eines hochperfekten Ton-Einsatzes auf einer subtil ausgeleuchteten Bühne mit illuminierten, raumbildenden Elementen.
All dieser Aufwand – und die musikalische Aktivität der vielen jungen Musiker – ist das Material für den authentischen „Alltagsklang“ der Kids von heute. Vom morgendlichen Aufstehen über Schule und Freizeit werden kleine Geschichten alltäglicher Vorkommnisse mittels Geräuschen und Musiken intensiv vermittelt.
Olaf Pyras und Barbara Volkwein schaffen die kompositorische Basis einer faszinierenden Klang- und Geräusch-Performance. Michaela Dicus Regie setzt die unterschiedlichen Aktionsgruppen kommunikativ in Szene. Gemeinsam mit Kolja Buhlmann vom Musiktheater im Revier haben sie über Monate mit den so kreativen Jugendlichen dieses faszinierende Event erarbeitet. Nicht als sozialpädagogisches Projekt, sondern als Realisation aktuell-lebensbezogener neuer Musik.
Olaf Pyras animiert am Ende das bislang hingerissen folgende jugendliche Auditorium zu dialogisch-rhythmischem Klatschen mit dem enthusiastischen Ensemble.
Ein Konzert-Erlebnis der anderen Art, eine Ahnung von neuen Perspektiven einer aktuellen Musik-Kultur, und das im „Tempel der Klassik“. Die Philharmonie Essen setzt Maßstäbe.
Franz R. Stuke
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