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Fakten zur Aufführung 

COSÌ FAN TUTTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
5. Februar 2012
(Premiere am 21. Januar 2012)

Theater Dortmund


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Giocoso und Drama

Die Dortmunder Così fan tutte beginnt in einem Theaterfoyer. Mathis Neidhardt  hat einen schönen hellen Raum geschaffen, in den als kleine Bühne auf der Bühne der kleine intime Raum der beiden Damen Fiordiligi und Dorabella hereingefahren werden kann. Despina scheint wie Harry Potter in einer Besenkammer unter der Treppe zu hausen. Wenn die Gefühlswelt der Damen am Ende des ersten Aktes aus der Balance gerät, zieht sich der Raum wieder hinter die Rückwand des Foyers zurück. Despina muss ihn zu Beginn des zweiten Aktes wieder mit dem Abschleppseil nach vorne ziehen. Intendant Jens-Daniel Herzog gelingt es, in seiner Inszenierung von Mozarts Così fan tutte das Drama wie auch das Giocoso unter einen Hut zu bringen. Letzteres ist vor allem im ersten Akt sehr präsent, wenn die Verkleidungsaktion der beiden Offiziere Ferrando und Guglielmo, die als Albaner verkleidet die Treue ihrer Verlobten testen wollen, noch wie ein schlechter Scherz erscheint. Im Foyer haben sie vor anderen Zuschauern den Philosophen Don Alfonso mit körperlicher Gewalt zu der Wette herausgefordert, und die Zuschauer wetten gerne mit. Im Sektkühler werden die Einsätze gesammelt. Als die beiden Männer scheinbar auf das Schlachtfeld gerufen werden, schmieren ihnen ihre erschütterten Bräute sogar noch die Butterbrote. Bei den ersten Annäherungsversuchen wird der Schuhtick der Damen zur unerwarteten Hilfe: Zu Fiordiligis Come scoglio bewerfen sie die aufdringlichen Machos mit High Heels. Der unfreiwillige Treffer bei einem Geigenspieler im hochgefahrenen Orchestergraben ist Situationskomik pur, und die Sängerin entschuldigt sich beim Schlussapplaus mit einer Rose.

Doch nach und nach kommt der schale Beigeschmack der Wette deutlich zum Vorschein, werden die testenden Männer doch selbst zu Betrügern, und auch die Maskerade scheint kaum noch eine Bedeutung zu spielen, dafür umso mehr das Seelenleben der Protagonisten. Am Ende hält Don Alfonso die belehrten Männer wie Marionetten am Kragen, und die Blumensträuße, die den desillusionierten Mitspielern beim scheinbar so fröhlichen Schlusssextett überreicht werden, werden frustriert auf den Boden geworfen.

Natürlich sind längst nicht alle Ideen neu, prominente Regisseure grüßen von ferne, und doch passen Herzogs Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme von Mathis Neidhardt sowie Ralph Jürgens' Licht stimmig zusammen. Auch die Übertitel-Anlage spielt mit und bietet eine aktualisierte Version von da Pontes Text, die für einige Lacher sorgt. Auf der Bühne läuft es nicht immer rund, manche Abläufe sowie einige Texte scheinen noch nicht sicher zu sitzen. Auch musikalisch muss der Abend ein Handicap meistern: Tenor Lucian Krasznec muss als Ferrando erkrankt auf seine Stimme verzichten und spielt dafür energiegeladen seine Rolle. Seinen Mund bewegt er so genau mit, dass mancher st-Laut noch hörbar ist. Vom rechten Bühnenrand singt der hervorragende Randall Bills vom Theater Bremen den Ferrando mit wirklich schönem Timbre und sehr aufmerksam – angesichts der schwierigen Rezitative, die so punktgenau dargeboten werden müssen, eine Heldentat des Einspringers. Gerardo Garciacano ist ein solider Guglielmo mit Macho-Attitüde. Den Zyniker und Strippenzieher Don Alfonso gibt Christian Sist sehr engagiert und mit großer Präsenz in den Ensembles. Die Rolle der Despina ist in dieser Inszenierung anders als sonst nicht ganz so quirlig angelegt. Vielleicht ist das der Grund, warum Anke Briegel etwas blass bleibt, auch wenn sie rein stimmlich überzeugen kann. Ileana Mateescu bietet in Gestalt und Timbre eine ideale Dorabella. Glücklich kann sich das Theater Dortmund schätzen, eine Sängerin wie Eleonore Marguerre als Fiordiligi aufbieten zu können. Sie kann die Rolle durchsingen, ohne auch nur einmal zu forcieren, die schöne Höhe ist ganz in die Gesangslinie eingebunden. Ihre beiden Arien sind große Momente des ausdrucksstarken, geschmackvollen Gesangs.

Geschmackvoll ist auch das Spiel der Dortmunder Symphoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi. Selbst wenn der Interpretation einige Akzente fehlen, die das Spiel auf der Bühne unterstützen würden, ist Mozarts Musik in schönen Farben hörbar und lädt zum Genießen ein. Unnötig sind einige Striche in der Partitur. Viel Spaß bereitet aber die präzise und fröhliche Vortragsweise des Opernchors in der Einstudierung von Granville Walker.

Das Publikum belohnt die Akteure mit lautem Applaus und signalisiert auch im Laufe der Vorstellung große Zustimmung für den Abend. Ob man aber einzelne Gänge sinnlos beklatschen muss, ohne deren Sinn erkennen zu können, bleibt zweifelhaft.

Christoph Broermann

Fotos: Thomas M. Jauk