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Auf der Suche
Peter te Nuyl inszeniert Christian Josts Hamlet wie ein Drama im Drama: Hamlet und sein Freund Horatio haben Schauspieler angeheuert, die in zwölf Szenen allzu menschliches Verhalten darstellen – der Prinz ist auf der Suche nach dem großen Sinn menschlichen Lebens und lässt sich Möglichkeiten vorspielen.
Dieser Interpretationsansatz ist durchaus kompatibel, ja folgt geradezu der bruchstückhaften Form, die Jost seiner Hamlet-Geschichte gibt, erzählt er doch exemplarische, einzelne Stationen. Sebastian Hannaks Bühne ist folgerichtig geprägt vom Kulissenhaften: unfertige, auf antik gemachte Säulen - und ganz viel Theaterplunder. Eine Art Probenatmosphäre. Da dürfen auch die handelnden Personen noch mit großer, bisweilen übertriebener Gestik agieren. Das alles ist schlüssig, leidet im Verlauf des Abends allerdings an permanenten Wiederholungen, die der Intention te Nuyls dann alles andere als förderlich sind.
Zumal auch Christian Josts Musik nicht unbedingt das ganze Stück über mit neuen Einfällen aufwarten kann. So lässt etwa die Idee, den Claudius mit exaltierten Falsett-Tönen auszustatten, beim ersten Mal wirklich aufhorchen, nimmt sich dann aber durch gehäuften Einsatz weitere Wirkung. Jost pflegt eine – im besten Sinn – konventionelle musikalische Sprache, in der Rezitativ, Melodie, üppige Melismen, Gesprochenes ihren Platz bekommen. Das Orchester ist riesig besetzt, dreht aber dynamisch nur dann und dort auf, wo die Solisten nicht klanglich zugedeckt werden.
Alle Akteure geben sich ungeheure Mühe mit diesem Hamlet. Das gilt für Maria Hilmes in der Titelrolle – sie ist unendlich viel gefordert, kann aber nur selten auftrumpfen, was nicht ihrem Gestaltungsvermögen, sondern der Anlage ihrer Rolle zuzuschreiben ist. Stimmschön singt Brian Dore Hamlets Adlatus Horatio, Bart Driessen ist ein finster-brachialer Claudius. Ihm und seinem packenden Zugriff auf die Rolle steht Susanne Schubert als lebensgierige Gertrud in nichts nach. Julia Amos ist eine empfindsame Ophelia und Hannes Brock ihr intriganter Vater, während Ji Young Mennekes und Stephan Boving Tüten rauchend die Spaßfraktion verkörpern. Als Laërtes lässt Fausto Reinhart aufhorchen mit einem schönen, biegsamen Tenor.
Auch Jac van Steen und die Dortmunder Philharmoniker tun ihr Bestes, um Josts Musik in glänzendem Licht zu präsentieren, wie auch Granville Walkers Chor. An ihnen liegt es nicht, dass für die (leider wenigen) Zuschauer im riesigen Opernhaus der Gewinn des Abends eher gering bleibt.
Misslich ist zwar auch der Ausfall der Übertitelanlage im ersten Teil der Oper, der ein Verfolgen der Handlung sehr erschwert, letztlich aber ist es doch wohl die Komposition, die nicht recht zu überzeugen vermag.
Christoph Schulte im Walde
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