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Süßer Reigen zur Weihnachtszeit
Manch ein Weihnachtsklassiker ist nicht tot zu kriegen, egal, was man mit ihm anstellt. Genau so ein Klassiker ist der Nussknacker von Peter I. Tschaikowsky: Das Libretto stammt von E.T.A. Hoffmann und Marius Petipa. Das gutbürgerliche Mädchen Marie bekommt einen Nussknacker zum Weihnachtsfest überreicht und malt sich in vorpubertären Mädchenträumen aus, wie ihr Nussknacker lebendig wird und den Mausekönig besiegt. Es fallen Schneeflöckchen, die Zuckerfee tritt auf und mit ihr viele schöne Puppen. Ein Ballett für die ganze Familie.
Das Russische Nationalballett hat die historische Vorlage in ihrem Bonner Tanzgastspiel quasi an die örtlichen Gegebenheiten angepasst. Und so wird das Ensemble von Schülerinnen und Schülern des Ballettzentrums Bondar aus Bonn ergänzt. Die Schüler bilden das Gefolge der Profis und machen allesamt eine gute Figur neben ihren großen Vorbildern.
Die Choreographie des Abends hält sich zum einen an Marius Petipa, die Einstudierung für die SchülerInnen liegt bei Vasiliy Vainonen. So trifft sich historisches Repertoire mit kindgerechtem Bewegungsmaterial. Die Solisten Svetlana Lisnyak und Sergei Skvortsov tanzen das Nussknacker-Pas-de-Deux, als ob sie seit Jahren nichts anderes täten. Der orientalische, chinesische, russische und französische Tanz kommen solide bis schwebend leicht, geradezu routiniert daher. Sie sind jeweils von zwei Solisten des Russischen Nationalballetts und mehreren Tänzerinnen der Bonner Ballettschule besetzt. Der Farbenreichtum auf der Bühne ist enorm, und die Tanzfreude der jungen wie der professionellen Protagonisten, ist kurzweilig. Das Bühnenbild besteht aus mehreren bemalten Vorhängen und Volants, die einfachen Mittel definieren einen klaren Raum, ohne auf Effekthascherei zu setzen.
Im Publikum sitzen viele Angehörige, die gespannt das Geschehen auf der Bühne verfolgen. Aber auch viele kleine Ballettmäuse sausen durch das Bonner Theaterfoyer und ahmen in der Pause die Bewegungen der Tänzer nach. Da kann man gut verzeihen, dass der Lärmpegel im Zuschauerraum etwas höher ist als gewöhnlich: Zwei Stunden still zu sitzen, während sich die Tänzer auf der Bühne so schön bewegen, das fällt nicht jedem Kind leicht.
Aber dafür gibt es in dieser Neuinszenierung die Märchenerzählerin Marina Beniashvilli, die den Kindern immer wieder die Handlung des Balletts erklärt und nacherzählt. Sie fordert die Kinder auf, ihr zuzurufen. Das hält die noch nicht so weit reichende Aufmerksamkeitsspanne der Kinder aufrecht. Beniashvilli gibt eine bezaubernde Erzählerin ab – doch es ist diskutabel, ob man die Erzählkraft des Nussknackers tatsächlich so unterschätzen muss, dass man die wortlose Bühnenkunst ihrer Ausdrucksstärke beraubt, indem man mit Worten nachholt, was die Dramaturgie ebenso hätte leisten können.
Jasmina Schebesta
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