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Fakten zur Aufführung 

TRISTAN UND ISOLDE
(Richard Wagner)
22. November 2014
(Premiere am 20. Juli 2014)

Staatsoper Stuttgart


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Ein Schiff wird kommen

Barock märchenhaft segelt zu Beginn ein Holzkahn durch die mächtige Gischt. An Bord sitzt Isolde, eingekeilt auf Ihren Umzugskisten. Eng ist es auf dem segellosen Boot, und sie muss emsig herumturnen in ihrem roten Hosenanzug, bis Tristan endlich ihrem Wunsch nachkommt und Besuch abstattet. Elegant im englischen Zwirn verliert er bald an Fassung und nach dem Sühnetrank verfallen die beiden dem Wahnsinn ihrer Liebe. In Kornwall angekommen, sitzt Isolde am Spinnrad, ihren Geliebten erwartend. Bei dessen Ankunft verwandelt sich das Bild in einen nächtlichen wirren Zauberwald. Allerhand Glitter hängt herum, im Hintergrund ein abendroter Vorhang. An Lianen hangelnd, taumelt das Liebespaar auf Polstern liebestoll gestenreich herum, wobei die fülligen Figuren den komischen Effekt verstärken. Melot im roten Kapuzenmantel deckt die untreue Tat auf, Isolde reißt den roten Vorhang herunter, und gleißendes Neonlicht schreckt das Publikum auf. König Marke klagt sein Leid und zieht sich dabei auf die Unterhose aus. Isolde setzt sich munter lächelnd ans Spinnrad.

Spätestens hier fragt sich der Zuschauer nach dem Regiekonzept, der Interpretation von Jossi Wieler und Sergio Morabito. Unterstützt von Bühnenbildner Bert Neumann und Nina von Mechow als Kostümbildnerin schafft das Team eine surreale Welt von Widersprüchen. Jede handelnde Person lebt isoliert, leidet oder liebt für sich in seiner eigenen Zeit und neutralen Umgebung, was sich in Kostümauswahl und Bühnengestaltung zeigt. Diese Liebe ist Illusion, ein Traum, der auch vom Liebespaar nicht ernst genommen wird. Schlüssig überzeugt das nicht, so dass auch keine Spannung aufkommt. Am Ende geht Tristan erhoben von der Bühne, Isolde bleibt regungs- und emotionslos im Liebestod zurück.

Auch die musikalische Gestaltung bleibt unharmonisch. Erin Caves und Christiane Iven als Tristan und Isolde kämpfen mit den Anforderungen ihrer Partien. Sein Tenor ist sauber, heldenhaft und die Krafteinteilung gut portioniert. So gelingt ihm ein strahlender dritter Akt. Ihr Sopran ist dumpf, hochdramatisch und ihre Höhe unrein bis zur Schmerzgrenze. Überzeugend Liang Li als mächtiger leidender König Marke und Ensemblemitglied Shigeo Ishino als Kurwenal. Ihn lässt die Regie meist hündchenartig auf allen Vieren seinem Herren dienen. Farblos und hölzern im Spiel Katarina Karneus als Brangäne. So entsteht keine klangliche Einheit auf der Bühne, die sich auf den Orchestergraben überträgt.

Der Hausherr Sylvain Cambreling müht sich, die Dynamik und instrumentale Vielfalt der Partitur im Orchesterklang herauszuarbeiten. Das Orchester musiziert stellenweise unkoordiniert, verunsichert und findet erst gegen Ende zu vollem, romantischem Klang.

Das Publikum lobt differenziert die Leistungen der Sänger und bedankt sich eifrig bei Dirigenten und Orchester.

Helmut Pitsch



Fotos: A. T. Schaefer