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Fakten zur Aufführung 

IL TROVATORE
(Giuseppe Verdi)
30. Januar 2015
(Premiere am 27. Juni 2013)

Bayerische Staatsoper München


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Im Inneren der Rachemaschine

Der Trovatore ist en vogue. Noch vor dem Berliner Märchen und dem Salzburger Museum bot die Münchner Staatsoper eine finstere, theatrale Variante von Verdis Rachemelodram auf. Auf der Bühne erhebt sich die schwarz gehaltene Drehskulptur von Pierre-André Weitz. Maschinenräder drehen sich, eine kleine Marionettenbühne ist in diesen mehrstöckigen Aufbau integriert. Zahnräder und Lokomotiven werden erscheinen und mitten in dieser düster dunklen Umgebung finden sich immer wieder weiße Räume, eine Schneelandschaft und ein steriles Zimmer im ansonsten beeindruckend dicht gehaltenen Industrieschick. In dieser wohlgeölten Rachemaschine wird Theater gespielt. Olivier Py liefert kein Psychogramm der ohnehin schwarz-weiß gemalten Figuren, sondern stellt auf Podeste und Bühnen, um die Verwicklung der Protagonisten hin zum Chaos der Tode vorzuführen. Dazu doppelt er Charaktere, ergänzt die Urheberin des Schicksals als nackte Zigeunerin in verschiedenen Altersstufen und fügt seinem finsteren Szenario knappe rote Einsprengsel der lodernden Scheiterhaufen-Flammen hinzu. Diese Lesart zeugt von genauer Libretto-Lektüre und einer überzeitlichen Darstellung im Stil von Luc Bondy. Py zeichnet präzise Tableaus und nutzt die vielseitig gestaltbare Bühnenkonstruktion, der ein paar Umdrehungen weniger nicht geschadet hätten. In diesem Kreisel aus Zeitsprüngen, Szenen und knappen Staccato-Einblicken in das Leben von Luna und Manrico schraubt sich langsam der Racheplan hin zum Unglück um Leonora. Diese wird zwar von Weitz in kostümtechnische Scheußlichkeiten gekleidet, während auch hier die Farbe schwarz klar dominiert, ansonsten gelingt dieses Nachtkonzept auch dank der kalten Neonausleuchtung von Bertrand Killy.

Gelungen sind an diesem Abend vor allem die beiden starken Damenpartien. Über allem thront Anja Harteros, die am Haus beide Verdi-Leonoren brillant in Szene setzt und zeigt, dass ihr gerade diese untypisch vergeistigten Heldinnen liegen. Trotz der Tiefe und emotionalen Stärke ihres Soprans wird dieser nicht schwerer, sondern schwebt langanhaltend im hohen Register, nutzt selbst im Triller eine unangestrengte Leichtigkeit, weshalb man dieser Leonora so gerne zuhört. Spielerisch zurückhaltend, dringt diese perfekt bis in den Sprechton geführte Stimme tief ein und hallt lange nach. Einen Kontrapunkt setzt die abgründige Azucena von Anna Smirnova. Mit kraftvoll gewagten „figlio-mio“-Rufen überzeugt sie ebenso wir mit ihrem runden Mezzo und der Darstellung einer ätherischen Außenseiterin, die von Rache getrieben bis ans Äußerste geht. Auf jeglichen Schmelz verzichtet der metallische Barriton von Luna Vitaly Bilyy. Trotz langsamer Tempi erfüllt er seine Liebesarie und spiegelt den Charakter des kühlen Grafen stimmlich wieder. Gemischt bleibt der Eindruck von Manrico Yonghoon Lee. Die halbierte Stretta scheut er, versucht dabei bereits früh mit breiten Kraftakten zu überzeugen und ist kein Höhensteiger. Dabei gelingen ihm die lyrischen Momente geschickter. Erwähnenswert ist der satte Bass von Fernando Goran Juric.

Am Pult ebenfalls ein gemischter Eindruck. Verdi-Fachmann Paolo Carignani entscheidet sich für teils sehr gedehnte Tempi, gerade am Anfang und bei Lunas Erzählung. Dazwischen findet er geschwindere Chormomente, die unter Mithilfe von Sören Eckhoff erstrahlen. Nicht immer stimmt die Kommunikation mit dem Orchester, dabei funktioniert die Maschinendrosselung gerade in den Zigeunerbildern besser.

Am Ende steht die Rachemaschine still, der finstere Trovatore liegt darnieder und das Publikum bejubelt Harteros und Lee anhaltend. Auch dieser Inszenierung ist überzeitlicher Erfolg ebenso wie dem ewigen Rachemelodram beschert.

Andreas M. Bräu

Fotos: Wilfried Hösl