Mythen von Untertage
Mythos Orpheus trifft Mythos Bergbau: eine Ruhrgebietsoper hat den eigenen Topos gefunden. Martin Tobiassen komponiert eine rhythmisch orientierte Musik mit instrumenteller und gesanglicher Vielfalt, integriert Orpheus-Anklänge aus der Musiktradition: antike Bezüge, Minnegesang, Gotik, Byrd und kurze Motive nach Monteverdi und Haydn. Beteiligt sind das Sinfoniscvhe Orchester der VHS Witten-Wetter-Herdecke, das Wittener Mandolinen- und Gitarrenorchester, das Ensemble Unterwelt, der Wittener Eltern- und Studentenchor – alle konzentriert bei der Sache und musikalisch topfut.
Die Regie Till Stauffers atmet anthropologischen Geist mit zivilisationskritischem Fokus: die geraubten Schätze des Dunkels, Hades als zeitloser Herr dieser Schätze und kryptischer Mahner. Ein Sprechchor mit rhythmisierter Oh-Mensch-Lyrik und ein eurhythmischer Bewegungschor sorgen für poetische Umsetzung.
Den Zechenplatz „Nachtigell“ nutzt Christoph Böhm-Koelman mit Licht und Nebel zwischen industriehistorischen Relikten für ein geheimnisvolles Spiel.
James Tolksdorf singt mit eindringlichem Bariton einen suchenden Orpheus, Paola Teddes Sopran gibt der Eurydike elegische Züge. In den Sprechrollen überzeugen Reinhard Schulte nals Sarastro-Hades und die agile Angela Bockemühl als ehrgeizige Eurynnien-Herrscherin. Sprech- und Bewegungschor agieren in bester Eurhythmik-Tradition.
Bei herrlichem Abendwetter – Sternenhimmel über nachtschwarzem Wald, mit nächtlichen Geräuschen, Flugzeugbrummen – folgt ein offensichtlich gut vorbereitetes Publikum mit gespannter Aufmerksamkeit und spendet am Schluss langen intensiven Applaus. Im vorzüglichen Programmheft (mit dem Libretto) fehlen allerdings Informationen über den Anteil der anthroposophischen Organisationen am Zustandekommen von Konzeption und Realisierung Realisierung des bemerkenswerten Projekts. (frs)
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