Touri-Spanisch
Die Oper Kharkov kommt mit einer touri-spanischen Carmen: spanisch-klischeehaft bunt die Kostüme, spanisch-maurenhaft die Bühne (Bühnenbildner bleibt ungenannt auf provisorisch-kopiertem Besetzungszettel, der erst zur Pause in wenigen Exemplaren auftaucht).
Die Regie (Vladimir Lukashev) vertraut dem Prinzip: Wer nicht singt, hat Pause; der Chor agiert statuenhaft – und wer singt, präsentiert sich an der Rampe, demonstriert stereotype Gesten.
Olena Romanenko lässt als sängerisch-kraftvolle Carmen mit aggressiv-moduliertem Mezzo aufhorchen – so, wie das gesamte Ensemble stimmlich beeindruckt: Oleksij Repchynskyys José kommt nach näselnden Anläufen zu dramatischen Ausbrüchen. Auch die übrigen Solisten müssen den Vergleich mit bekannteren Ensembles nicht scheuen.
Roland Bader – der Tausendsassa in Sachen osteuropäische Oper – leitet ein offensichtlich von der strapaziösen Anreise beeinflusstes Ukrainisches Staatsorchester mit viel Engagement zu immer intensiverem Spiel und einem durchaus begeisternden Bizet-Klang.
Das an Tournee-Opern gewöhnte Publikum in Witten (immerhin mit den „Tagen der Neuen Musik“ jahrelang Vorreiter in Sachen aktueller Entwicklungen!) zeigt Verständnis für situationsbedingte Defizite, schaut und lauscht aufmerksam und dankt mit ehrlich-herzlichem Applaus. (frs)
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