Buffo authentisch
Mercadante war Zeitgenosse Rossinis, wirkte aus seinem Lebensmittelpunkt Neapel und geriet mit seinen nicht repertoire-orientierten Werken im Musiktheater-Betrieb der Donizetti, Bellini, Verdi in Vergessenheit.
Für das Rossini-Festival im idyllischen Wildbad hat der Berliner Musikwissenschaftler Michael Wittmann das vorhandene Material zu Mercadantes Buffo-Oper „Don Quichotte und Camachos Hochzeit“ von 1830 aufgearbeitet und die Grundlagen für eine muntere konzertante Aufführung geschaffen.
Im Jugendstil-Kurhaus Bad Wildbads entfalten sich die flotten Klänge in der gestaffelten Dreiheit von Orchester, Solisten und Chor. Die Cervantes-Geschichte wird in den Übertiteln erzählt, Gesang und Musik lassen bei Mercadantes routinierten Ton-Kaskaden nur wenig Chancen für differenziertes emotionales Mit-Leiden und –Freuen.
Die Tschechischen Kammersolisten Brno werden vom agilen Antonino Fogliani stakkatoreich zu munterem Spiel geleitet, doch will trotz konzentrierten Spiels und einigen imaginierenden Passagen nicht die lustvolle Leichtigkeit der „farse“ aufkommen.
Das junge Sänger-Ensemble geht die Aufführung mit dem Ernst einer musikhistorischen Besonderheit an, lässt nur in wenigen Momenten Leidenschaftlichkeit und unbefangene Freude an emotionalisiertem Ausdruck spürbar werden. Da ist Domenico Colaianni als aufmüpfiger Sancho Pansa eine glückliche Ausnahme, und auch Marisa Bove ist in der kleinen Rolle der Cristina die Freude am Auftritt abzunehmen. Laura Catrani singt die Quiteria mit stoischer Mimik, ihre verdammt komplizierten Koloraturen werden perfekt gesetzt, doch von gestaltetem Charakter keine Spur. Gleiches gilt für den stimm-starken Ugo Guagliardo als Quijotte, die fließend strömenden Töne von Ricardo Mirabelli als reichen Camacho und Hans Evers gebeutelten Basilio.
Der Coro del Conservatorio San Pietro a Majella singt bravourös, bisweilen ein wenig heftig, aber ebenso ohne den Willen zur emotionalen Differenzierung. Alle Sänger stammen aus der musealen italienischen Opern-Szene. Ihr Auftritt macht deutlich, wie weit die Entwicklung der neuen italienischen Oper noch von dem alltäglichen Musiktheater in Spanien, Frankreich, England, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Skandinaviens entfernt ist.
So bleibt der durchaus nachhaltige Eindruck, eine konzertante Präsentation im musikalischen Gestus des historisch-authentischen Gestus von 1830 erlebt zu haben. Die Aufmerksamkeit des Publikums im Kurhaus Wildbad ist ungeteilt, der Schluss-Beifall ist – dem Präsentations-Modus angemessen - zwar herzlich, aber ohne Begeisterung. (frs)
|