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Arbeit, Kapital und Macht
Wenn John Dew inszeniert, ist zweierlei klar: er erzählt eine spannende
Geschichte und die Zuschauer spüren, was sie bedeutet. Im Wiesbadener
Rheingold beginnt alles mit dem mythischen Ursprung des Lebens mit seinem
Fluch im Wasser. Die Handlung wird dann konkret: Um die Metapher der Weltesche
wird Alberich zum herrschenden Kapitalisten, Wotans feudale Welt wird
von den "Arbeitern" (den Riesen) bedrängt, Erda (das Echo aus den Ursprüngen)
rät zur Einsicht, Alberich ist entmachtet, die Götter ziehen gen Walhall.
Loge, der intellektuelle Skeptiker hat das letzte Wort: Man weiß nicht,
was wird. Im Hintergrund ein Atomkraftwerk.
Mit Peter Schulz hat John Dew einen kongenialen Bühnenbildner: geheimnisvolle
Zweideutigkeit, aber eindeutige Grundmuster (verstärkt durch imaginierendes
Licht von Thomas Märker und zeichensetzende Kostüme von Jose-Manuel Vazquez).
Die Aufmerksamkeit der Zuschauer wird immer wieder durch spielerische
Details geweckt (Alberich im Rolls Royce, die Götter bei Regen unter Schirmen),
ohne die analytische Ernsthaftigkeit zu verlieren. Auf den stimulierenden
Spielflächen wird kommunikativ-intensiv agiert.
Diese animierenden Grundvoraussetzungen führen zu intensivstem Zusammenspiel
von Sängerensemble und Orchester. Wolfgang Ott leitet das großartige Hessische
Staatsorchester Wiesbaden auf dem schmalen Grat von konventionellem Wagner-Aplomb
und simpler Sängerbegleitung mit emotionaler Intensität und instrumentaler
Perfektion (auch der stark belasteten Bläser).
Das Wiesbadener Ensemble kommt ohne Stentorstimmen aus, doch sind die
Solisten an entscheidenden Passagen zu vokalen Höchstleistungen bereit
- wie zum Beispiel Thomas de Vries, der Donners Schlussgesang ungemein
kraftvoll gestaltet. Der Wotan von Ralf Lukas beeindruckt durch deklamatorische
Intensität (an Fischer-Dieskau erinnernd); die Fricka Gabriela Künzlers
besticht mit sanft-dramatischen Tönen, Marina Prudenskajas Erda klingt
abgerundet-gereift, bei beiden Riesen Fasolt und Fafner finden in Guido
Jentjens und Axel Wagner fulminanten Ausdruck, die Rheintöchter Thora
Einarsdottir, Rebecca Martin, Sandra Firrincieli brillieren mit deutungsreichem
Gesang - herausragend: Carlo Hartmann als nuancenreicher Alberich und
Hubert Delamboye als stimmlich vielschichtiger Loge.
Weshalb das gesetzte Wiesbadener Publikum "nur" zustimmend applaudiert,
aber nicht in Begeisterungsstürme ausbricht, bleibt unerfindlich. Mal
sehen, wie das wird. (frs) |
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