|
Das trügerische Gefühl
Ullists kritisches Hinterfragen des preußischen Erfolgsrezepts focussierte
Ingeborg Bachmann auf die träumerische Existenz Friedrichs von Homburg.
Die Schlacht von Fehrbellin als "Heldentat" eines unbotmäßig-unkonzentrierten
Bürschchens wird nur als Traum kommensurabel - am Ende stehen alle Beteiligten
im Regen. Gerardjan Rijnders' Regie besteht auf preußischer Attitüde,
aktualisiert nicht oberflächlich, überlässt das Urteil dem Publikum. "In
Staub mit allen Feinden Brandenburgs!" - mit einem wie Friedrich sicherlich
nicht. Was Wunder, dass unter den Denkmälern bei Fehrbellin in der Mark
der Prinz von Homburg nicht vorkommt.
Paul Gallis stellt preußische Repräsentationsarchitektur auf die Bühne,
eine Art Gebäude-Triptychon als wandlungsfähig-assoziationsreichen Spielraum
(Licht: Reinier Tweebeeke!).
Die Holland Symfonia wird mit den Henzeschen Bruchstücken klassischer
Opern unter Rolf Gupta gut fertig, bewältigt die Schwierigkeiten des bloß
Andeutenden und expressiv Aufbrechenden mit Bravour.
Der Henzesche Wechsel von Sprechgesang, ariosen Passagen und kunstvoll
konstruierten Ensembles macht den Sängern offenbar Probleme: allein Kenneth
Garrison hat die nötige power und stimmliche Brillanz, gibt dem Kurfürsten
Statur. Dagegen bleibt Daniel Broads Prinz zu sehr im gleichförmigen Strömen
verhaftet, vermittelt einen hemmungslosen Phantasten, vollzieht auch stimmlich
keine dramatischen Akzente; Giorgia Milanesis Natalie von Oranien (ein
Bezug zu den Niederlanden!) ist da darstellerisch differenzierter, doch
stimmlich steht sie permanent unter Druck. Für die übrigen Rollen haben
Henze/Bachmann "Typen" vorgegeben, die vom Ensemble der Reisoper solide
ausgefüllt werden.
In der Kleinstadt Sittard gibt es ein prima Theatergebäude mit exzellenter
Akustik - und ein aufgeklärtes Publikum, das aufmerksam folgt, heftig
applaudiert und sich Zeit nimmt, über das Erlebte zu diskutieren. (frs) |
|