Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

ZAIDE/ADAMA
(Wolfgang A. Mozart/
Chaya Czernowin)
20. August 2006
(Premiere: 17.8.06)

Salzburger Festspiele

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 

zurück       Leserbrief

Mozart modern gemixt

Neben den "Irrfahrten" bieten die Salzburger Festspiele mit der Uraufführung von Chaya Czernowins "Adama", integriert in Mozarts Fragment "Zaide", im Salzburger Landestheater ein weiteres musiktheatralisches Experiment.

Ivor Bolton erscheint am Pult des hochgefahrenen Orchestergrabens, doch es erklingt zunächst nicht das Mozarteum Orchester Salzburg, sondern aus den Lautsprechern tönt verstärktes Bogenkratzen, Klopfen und Schaben des Österreichischen Ensembles für Neue Musik. Das ist samt Dirigent Johannes Kalitzke auf der Hinterbühne durch eine zerbrochene Flügeltürscheibe auch teilweise sichtbar.

In dem kahlen Bühnenraum von Christian Schmid mit überdimensionalem Tisch, Heizung und unerreichbarem Fenster agieren der junge Tenor Topi Lehtipuu als verzweifelter Gefangener Gomatz und der Tänzer Paul Lorenger als beobachtender stummer Geist mit riesiger Glatzkopfmaske, der gerne mal das Heizungsrohr hinaufklettert. Dann beginnt Mozarts Musik mit einer durch eingesprochene Texte von Johann Andreas Schachtner unterbrochenen Ouvertüre und der ersten Arie des Gomatz (Lehtipuu).

Aber schon geschieht wieder der Wechsel zu Czernowins "Adama": Die beiden Protagonisten, das unmögliche Liebespaar - Noa Frenkel als Israelin, Yaron Windmüller als Palestinänser - geben in gehauchten, geseufzten Wort- und Klangbruchstücken ihrer Hilflosigkeit Ausdruck. "Adama" ist mehr Geräusch- als Klangmalerei. Videosequenzen von Straßenszenen aus Israel und dem Gazastreifen, in denen die beiden Figuren gesichts- und teilnahmslos auftauchen, unterstützen die beklemmende Stimmung, die uns aus Nachrichtensendungen allzu vertraut ist.

Und wieder zu Mozart: Zaide erscheint als Zwillingsschwester der Israelin. Allerdings hat Moica Erdmann in Mozarts Musik deutlich mehr stimmliche Ausdrucksmöglichkeiten als ihre Kollegin und weiß diese auch optimal zu nutzen. Die Übergänge zwischen den beiden musikalischen Welten gelingen mehr oder weniger reibungslos. Gelegentlich mischen sich die verstärkten Zisch- und Quietschlaute des modernen Stückes unangenehm in den forschen Mozartton, der voll Bolton´schem Elan aus dem Graben tönt.

Regisseur Claus Guth verwendet gerne choreografierte Handbewegungen als Ausdrucksmittel für seine Sänger. Besonders Johan Reuter als Allazim zeigt hier neben stimmlicher Souveränität großes Talent für die Gebärdensprache.

Im zweiten Teil hat sich das Interieur des Bühnenraumes nochmals vergrößert und der Glatzkopf vervierfacht. John Mark Ainsley als böser, Ketchupblut-schmierender Soliman und Andreas Fischer als Vater dürfen aber die Köpfe zum Singen und Sprechen abnehmen. Die einzige heitere Szene liefert Renato Girolami als Osmin, der seine "Lacharie" mit großer Innbrunst und schelmischem Augenzwinkern präsentiert, was ihm den einzigen zaghaften Szenenapplaus einbringt. Ansonsten herrschen Beklemmung, Ratlosigkeit und verhaltener Unmut neben großer Konzentration und standhaftem Wohlwollen im Publikum vor.

Wieviel Aktualität verträgt Mozart, wo sind die Gemeinsamkeiten, was ist Oper heute? Schwierige Fragen, auf die Chaya Czernowin ihre Antwort präsentieren darf. Einige Buhrufe muss sie dafür einstecken. (if)


Fotos: © Monika Rittershaus