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Da steht in einer Krisenregion das
Theater mit dem Rücken zur Wand, präsentiert einen "Hoffmann" höchster
konzeptioneller, ästhetischer, musikalischer und sängerischer Qualität
- und bleibt vom lokalen Feuilleton und den Besuchern verlassen. Das Vorurteil
der kulturfeindlichen Provinz findet Bestätigung!
Kundige Dramaturgie und pfiffige Regie beziehen sich auf das authentische
Offenbach-Material (verzichten damit auf die "Spiegel-Arie") und verlegen
das Künstler-Drama in die Spannungen zwischen Phantasie und Realismus
sowie Alkohol und Muse, stattfindend im psychomedizinischen Menschenlabor.
Die drei Mittelakte werden szenisch zu Metaphern des Hoffmanischen Bewusstseins,
im Mittelpunkt steht das erotische Verlangen der Muse nach Hoffmanns Liebe,
die im Leiden endet: Hoffmanns Irrungen als Drogenabhängiger beenden seinen
Weg als Dichter. Anja Sündermann entwickelt nicht nur ein seelen-analytisches
Regiekonzept sondern präsentiert ein Bewegungstheater demonstrativer Körperlichkeit
voller kommunikativer Brüche.
Manfred Breitenfellner baut dazu eine imaginative Bühnenlandschaft, die
mit Spiegelkabinett, begrenzenden Wänden und wiederkehrenden Elementen
Gelegenheiten für permanente Bühnenkommunikation bietet.
Frank Cramer leitet die Norddeutsche Philharmonie Rostock zwar sehr partitur-orientiert,
lässt den Offenbachschen Melodien viel Raum - das gewinnt sogar in der
etwas dumpfen Akustik des Volkstheaters im Zusammenspiel der Instrumentengruppen
an viel Esprit - und lässt die vorzüglichen Sänger nicht allein.
Andrea Höcht ist eine ergreifende Muse; Carsten Sabrowski beeindruckt
als Lindorf und Co.; Sabina Martin, Masako Goda und Penke Christowa überzeugen
als Antonia, Olympias Stimme und Giulietta auch darstellerisch. Mathias
Schulz gibt einen auch stimmlich suchenden Hoffmann. Faszinierend das
Engagement des Ensembles in gesanglicher Expressivität und schauspielerischem
Enthusiasmus vor halb gefülltem Haus, das allerdings am Schluss geradezu
enthusiastische Zustimmung ausdrückt.
Mit solchen Produktionen, der Expo-Produktion von Slonimskis "Meister
und Margarita" sowie Telemanns "Pimpione", erringt das Volkstheater Rostock
überregionale Zustimmung - vielleicht mit Rückwirkung auf das ignorante
nähere Umfeld. (frs) |
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