Freude an Oper
Das Recklinghauser Festspielhaus ist nahezu ausverkauft, die Nummernschilder der Autos auf den Parkplätzen gehen von E über GE und BO und WES bis RE – offenbar wird ein Publikum auch aus der weiteren Nachbarschaft angezogen. Und die größtenteils älteren Besucher goutieren das Gebotene und erleben einen erfreulichen Abend.
Wie bei allen Tournee-Opern gibt es ein reduziert-abstrakt-reales Bühnenbild (Chavdar Chomakov) mit akzentuierendem Licht.
Die Regie (Alexander Tekeliev) beschränkt sich auf Positionsfestlegungen, der – zu kleine – Chor steht wie ungerade platziertes Spalierobst, die karge Deutung der Rollen bleibt offenbar der Intuition der Darsteller überlassen – aber die historisierenden Kostüme insinuieren reflektiert-konstruierte Bühnenrealität.
Das alles lässt ästhetische Avancen vermissen, verzichtet auf mögliche Deutungen einer dramatischen Handlung und gibt dem Publikum alle Möglichkeiten zu unbegriffenem Zuhören und Zusehen.
Die Bulgarische Philharmonie Pazardjik übernimmt unter Tamás Bolberitz zumeist die unauffällig begleitende Rolle, gelangt aber beispielsweise im Vater/Tochter-Duett zu einfühlsamem Verdi-Klang.
Der Rigoletto Victor Mityushkins hat starke Momente, beweist ein kräftiges Timbre und lässt die Töne in bestem Legato strömen. Der Herzog Saverio Fiores bleibt klein im Volumen, lässt jegliche Ausstrahlung vermissen, beherrscht jedoch die Verzierungen und Koloraturen des Belcanto in schönen Variationen. Die erfreuliche Überraschung des Abends ist die junge Kyung Ran Kim, eine bezaubernd einfühlsame Gilda mit glockenhellem Sopran, sicheren klangschönen Höhen und Ansätzen mädchenhafter Ausstrahlung – eine Künstlerin, der bei begleitender Führung eine gute Entwicklung zu prognostizieren ist.
Bulgarisches Orchester, Sänger aus Osteuropa und Korea, bulgarisches Regieteam: da ist von der Tradition der Compagnia nicht viel übrig geblieben – nichts ist mehr mit authentischen italienischen Sängern zu Beginn und am Anfang ihrer Karrieren. Die global-brutale Situation scheint ein sympathisches Konzept überholt zu haben – der Betrieb der Tournee-Opern verliert ein spezifisches Gesicht. (frs)
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