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Tristesse im Zauberland
Wenn die "Statni Opera Praha" die Zauberflöte gibt stellt sich die Frage:
Gut kalkuliertes, touristenziehendes Kalkül oder gerade spannenden Herausforderung
in Mozarts alter Wirkungsstadt. Um es vorwegzunehmen: Das Regieteam der
Statni Opera interessiert wohl keines von beidem besonders, eine Herausforderung
aber sicherlich überhaupt nicht.
Michael Schlüter-Padbergs Zauberflöte kommt als lustlos zusammengestellte
Fundusinszenierung daher, welche nicht den Eindruck erweckt, Regie, Bühnenbild
und Kostüm hätten mehr Energie aufgewendet als unbedingt notwendig.
Entsprechend regiert auch Trostlosigkeit das Bühnengeschehen: Das Bühnenbild
besteht aus blauem Boden, blauen Seitenflächen und Prospekten mit antiken
Stätten als Hintergrund. Allerdings will der warme Braunton der Prospekte
(bei welchen deutliche Faltenbildung die Betrachtung merklich trübt) überhaupt
nicht zum Blau der Bühne passen. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch
ein Sammelsurium von schlicht geschmacklosen (und verstaubten) Kostümen,
welche weder miteinander noch mit dem Bühnenbild harmonieren. Man wird
den Eindruck nicht los, ein eiliger Gang durch den Fundus hätte die kostüm-
und bühnenbildnerische Arbeit ersetzt.
In das Bild passt leider auch Schlüter-Padbergs einfallslose Regie, welche
im Grunde nichts in die Inszenierung einbringt - weder neue Ideen, noch
annehmbare Umsetzung des Librettos. Wie man als Gastregisseur auf die
Idee verfallen kann, eine derartig lieblose Arbeit zu verantworten - es
steht so rätselhaft im Raum, wie Sarastros Aufgaben.
Ein ganz anderes Bild ergibt sich dahingegen, wendet man sich der musikalischen
Seite zu: Zwar haben die Königin der Nacht (Dagmar Vankatova), wie auch
ihre Tochter Pamina (Ludmilla Vernerova) Schwierigkeiten sich in ihre
Partien hineinzufinden; doch bei den männlichen Rollen werden im verein
mit dem souveränen Orchester unter Leos Svarovsky wahre Perlen zu Tage
gefördert. Insbesondere Tomas Cerny als Tamino hinterlässt einen bleibenden,
intensiven Eindruck, der seines Gleichen suchen dürfte. Er singt präzise
und warm im Ausdruck, dessen Intensität man sich nur schwerlich entziehen
kann. In Nichts nach steht ihm Lukas Hynek-Krämer als Sarastro. Sein Bass
lässt einen förmlich erschaudern, entführt einen in eine magische, dunkle,
unergründliche Welt.
Verstärkt wird das musikalische Erlebnis sicher durch die atemberaubende
Akustik der Stadni Opera. Sie ist viel mehr, als ein wunderschönes, von
der Größe her ideal proportioniertes Neurokoko-Theater: Gerade den tiefen
Lagen gegenüber wirkt sie wie ein Hörrohr, welches das Bühnengeschehen
direkt an das Ohr des Zuhörers holt.
Insgesamt also schaffen es Sarastro und Tamino dem Abend eine Wende ins
Großartige, ja Unvergessliche zu geben - und dies vor dem Hintergrund
einer derart farblosen Inszenierung; das ist wirklich wahre Liebe zur
Musik, wahres Können, wahre Kunst. (ap) |
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