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Bilder und Figuren
Die Bühne: eine flächendeckende Pieta, goldene Bilderrahmen; Scarpias
Büro: eine Galerie sinnlicher Renaissance-Gemälde; die Engelsburg: kühle
Leere, der Hirt als Gemälde der jungen Tosca. Harald Stieger evoziert
Analogien opulenter Malerei zum präsenten Bühnenhandeln - eine Bühne ohne
konventionelle Klischees.
Thilo Borowszaks Regie rekurriert auf die verdeckten historischen Zusammenhänge
des Dramas und die emotionalen Ambivalenzen der handelnd-leidenden "Figuren"
- die politischen, psychischen, sozialen Konflikte werden durch intensives
Agieren beklemmend vermittelt.
In Osnabrück ist großartiger Gesang zu hören, verbunden mit leidenschaftlichem
Spiel: Ricardo Tamurs Cavaradossi beherrscht die Charakterisika des Spinto,
bewegt sich rollenkonform und präsentiert das ergreifende Bild eines ahnungslos-hingerissenen
Künstlers, der Scarpia George Gagnidzes vermittelt mit stupendem Klang
den omnipotenten Sadisten, und Nicola Beller Carbone ist eine Tosca von
selten zu sehender Intensität und zu hörender Perfektion: eine faszinierend
emotionale Attitüde verbunden mit dramatischer Phrasierungskunst lassen
die attraktive Sängerin - neben allen Rollenattributen - als sensationelle
Stimme feiern!
Das Osnabrücker Symphonieorchester vermittelt unter dem engagiert-sensiblen
Rasmus Baumann einen differenziert-emotionalen Puccini-Klang weitab jeglicher
Routine-Klischees.
Das Osnabrücker Premierenpublikum - gegenüber den einschlägigen Erfahrungen
ungemein konzentriert und im Altersschnitt eher jung - ist zunächst irritiert,
dann fasziniert von den unerwarteten Konstellationen, feiert am Schluss
mit großer Leidenschaft Sänger, Orchester und Regieteam. Ein außergewöhnlicher
Abend. (frs)
Karten unter (0541) 323-33 14 |
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