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Wer nicht weiß, dass Mozarts Don Giovanni
ein dramma giocosa ist, der kann es in Osnabrück beglückend erleben. Aus
Frauenperspektive zeigt Beverly Blankenship einen sexuellen Bösewicht
"voller Grazie", der in symbiotischer Verbindung mit dem abhängigen "Normalo"
Leporello an seinen Herausforderungen erotischen Schicksals schließendlich
scheitert, aber eine Gruppe ähnlich gelagerter HeuchlerInnen zurückläßt.
Das turbulente Geschehen entfaltet sich auf einer bühnengroßen Schräge
mit wehenden Gaze-Gassenvorhängen, bemalt mit undefinierbaren Kringeln
(Elisabeth Neururer), mit sparsam akzentuierenden Requisiten und ironisierenden
Lichteffekten.
Die Begeisterungsfähigkeit von Regisseurin - mit zahllosen überraschenden
Bühnenaktionen - und Ausstatterin überträgt sich auf ein ungewöhnlich
spielfreudiges Ensemble, das zudem stimmlich überzeugt und im schauspielerischen
Wirbel kontrolliert-kompetentes Singen präsentiert. Gerard Quinn hat keine
Probleme mit den vertrackten Tempiwechseln, nutzt sie mit seinem volltönenden
Bariton zu virtuosen Einlagen. Diese faszinierende Übereinstimmung von
darstellerischer Leichtigkeit und unangestrengtem stimmlichen Wohlklang
perfektioniert der Leporello Michail Milanous beglückend präsent. Das
Osnabrücker Theater hat mit dem gefragten Bariton ein Juwel, das sich
offenbar im munteren Milieu des innovativen Hauses wohlfühlt. Mit Ann
Petersen (Donna Anna) und der bewährten Kate Radmilovic als Elvira stehen
zwei leidenschaftliche Protagonistinnen auf der Bühne, denen die sexuelle
Selbstbestimmung kein Fremdwort ist. Barry Coleman ist die andere Seite
der Sex-Medaille Giovannis, kein Softie, eher ein Ottavio der durch Frauen
belästigten Sorte. Und zwischen der Zerlina Marlene Milds und dem Masetto
von Tadeusz Jedras spielt sich mehr ab, als das gemeinhin den Bauerntölpeln
zugestanden wird.
Lothar Koenigs führt das Orchester nach gleichem Prinzip: leichthin, publikumswirksam,
aber mit der nötigen Hochachtung für die genial-kostbare Musik Mozarts.
Und wie das inhaltliche, schauspielerische, sängerische und musikalische
Konzept "funktioniert" wird während einer Sonntagsnachmittagsaufführung
deutlich: hingerissenes Publikum, Ovationen wie bei einer Premiere. (frs) |
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