Inneres Leiden
Elisabeth Stöppler inszeniert die Leidensgeschichte der Violetta, Alfredos und Germonts, reduziert das Geschehen auf das innere Leiden der Protagonisten und verzichtet auf gängige psychologische Deutungen – verweist aber auf die Stärken weiblicher Emotionalität und die Schwächen männlichen Selbstverständnisses: Alfredo als selbstmitleidender Pseudo-Macho, Giorgio als zu spät geläuterter Patriarch.
Nicole Pleuler stellt sich drehende Zylindersegmente mit variablen Spielräumen auf die Drehbühne, schafft kommunikativ stimulierende Assoziations-Szenarien.
Alexander Rumpf leitet das Oldenburgische Staatsorchester zu einprägsam-sensiblem Spiel, filigran in der Übereinstimmung mit dem gefühlsträchtigen Bühnengeschehen.
Daniel Ohlmann gibt einen unbegriffenen Macho-Schwächling, eine Karikatur á la aktuelle B-Promis, kommt stimmlich gut zurecht, ohne Spinto-Brillanz. Dem viel erprobten Hannu Niemelä gelingt ein durchschlagskräftiger Germont - allerdings ohne hinreißendes Legato in seinen großen Arien. Hinreißend in Darstellung und ungemein facettenreich-agilem Gesang: Irina Wischniskaja als leidenschaftlich auftrumpfende, gedemütigte, hoffnungslos-lebenssüchtige Violetta. Eine Sängerin mit faszinierender Emotionalität, ungemein sicher in ausdrucksvollen Höhen – dabei von anrührender Bühnenpräsenz.
In Oldenburg ist die Traviata in der zweiten Spielzeit ein absoluter Renner – die Dernière ist total ausverkauft - und das heterogene Publikum fiebert mit und empfindet kommentierendes Getuschel angemessen. Nun ja. (frs)
|