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Fakten zur Aufführung 

MOSES MUSS SINGEN
(Prasqual)
3. November 2010 (Uraufführung)

Städtische Bühnen Münster
Festival "Halbstark"


Points of Honor                      

Musik

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Knechtschaft und Unterdrückung

Nein, das Leben in Ägypten ist wahrlich kein Zuckerschlecken, die Arbeit unter der Knute des erbarmungslosen Pharao eine einzige Qual. Den Israeliten geht es in dem fremden Land grottenschlecht. Und deshalb soll ihr Anführer Moses ihnen den Weg in die Freiheit bahnen.

Diese Geschichte steht in der Bibel – und derzeit auf dem Programm des Kleinen Hauses der Städtischen Bühnen Münster: als Musiktheater für und mit Kindern. Der polnische Komponist mit dem kurzen Namen Prasqual (Jahrgang 1981) hat die Musik erfunden, Nicole Tharau das Libretto. Ein ganz wundervolles Stück, mit dem das Internationale Theaterfestival „Halbstark“ für Kinder von 9 bis 13 Jahren eröffnet wurde. Und das mit einem sensationellen Erfolg!

Erster Pluspunkt: Prasqual, Schüler unter anderem von York Höller, Manfred Trojahn und Hans Ulrich Humpert, hat ein geniales Händchen für die Musik, die einfach ist, aber erfreulicher Weise nicht, was man sonst als „kindgerecht“ bezeichnet. Vier Instrumente spielen unter Leitung von Thomas Jung: eine Viola (Svetlana Berova), eine Oboe (Hanna Hirosawa), ein Fagott (Alexander Hadijev) und eine Posaune (Tim Jochstädt). So abwechslungs- und assoziationsreich, dass das Zuhören einfach Spaß macht.

Zweiter Pluspunkt: die Geschichte, wie sie erzählt und von Regisseur Johannes Bergmann inszeniert wird. Nicht verstaubt, aber auch nicht mit der Brechstange „aktualisiert“. Sehr anspruchsvoll, aber gut nachvollziehbar. Klar kommen da auch mal coole Sprüche wie „Der Chef ist super“ (gemeint ist Gott Vater), aber die biedern sich ihrem jungen Publikum nie an. Ein Volltreffer die Bühne von Jacqueline Schienbein: verschiedene hölzerne Kästen, unter deren Deckeln sich Verschiedenes verbirgt: Stroh, Wasser, Erde... einfach genial und genial einfach.

Dritter und dickster Pluspunkt: die Sängerdarsteller. Da ist Raphael Blume als Büchernarr Moses, der als Stotterer Angst hat, zu sprechen – und dann noch vor dem Pharao! Aber singen kann Moses – dummerweise nur in so höchsten Höhen, dass er die Ohren des Herrschers nicht erreicht. Das jedoch gibt sich mit der Zeit, denn Moses entdeckt, dass er auch in tiefer Lage singen kann. Maximilian Strestik ist Moses’ Bruder Aaron, ein Clown mit nichts als Flausen im Kopf und spöttelnden Bemerkungen gegenüber seinem Bruder, dem Stammler. Elvira Bill gibt gebieterisch den gnadenlosen Pharao, der am Ende, nachdem die Plagen übers Land gekommen sind, kapituliert. Und dann sind da noch Sarah und Simon, zwei einfache Leute aus dem israelitischen Volk, das gegen die Unterdrücker aufbegehrt. Nadine Sträter und Sebastian Seitz transportieren exemplarisch all die Spannungen, das Auf und Ab der Gefühle, die großen Hoffnungen und herben Enttäuschungen auf dem langen Weg aus der Knechtschaft. Alles in allem entwickelt sich ein unglaublich temperamentvolles Spiel. Das Publikum wird zum Mitmachen animiert und lässt es regnen, blitzen, donnern.

Und nicht zuletzt kommt diese Botschaft an: „Mut tut gut“. Will heißen: Selbstvertrauen, Wachsen an der gestellten Aufgabe, Entscheidungen treffen, auch wenn längst nicht klar ist, wohin sie führen – daran geht kein Weg vorbei.

Restlos begeistert zeigte sich das hoch konzentrierte Premierenpublikum, donnernden Beifall kassierte das so fantasievolle künstlerische Personal.

Und weil es die Eröffnungsveranstaltung des „Halbstark“- Festivals war, gab es ganz zu Anfang zwei Reden – für die sich (völlig zu Recht) rund 95 Prozent des Publikums nicht die Bohne interessiert hat. Aber so sind sie halt, die Erwachsenen...

Christoph Schulte im Walde

 











 
Fotos: Michael Hörnschemeyer