TRISTAN UND ISOLDE
Richard Wagner
17. März 2004
Symphonieorchester der Stadt Münster
(Theater Münster)
|
|
Will Humburg
Foto: Michael Hörnschemeyer
|
|
|
Ohne Sentimentalität
Sentiment pur - der konzertante "Tristan" übernimmt Wagners Strich-Vorschläge,
konzentriert sich auf die elementaren Gefühlswelten. Will Humburg erzeugt
in seiner kontrollierten Selbstentäußerung mit dem top aufgelegten Symphonieorchester
der Stadt Münster einen hochintensiv-differenzierten Klang, weitab von
jeder anbiedernden Sentimentalität, setzt auf Transparenz und die Präsentation
der Instrumente.
Das geteilte Orchester sitzt auf Bühne und überdecktem Orchestergraben,
vor einem ästhetisch wirkungsvollen Steg, der durch die Mitte des Orchesters
mit einer in den Zuschauerraum reichenden Spielfläche verbunden ist. Humburg
zeigt auch in dieser konzertanten Aufführung sein engagiertes Bemühen,
die konventionellen Räume aufzulösen, platziert einige Instrumente auf
den Rängen und erzielt beeindruckende Wirkungen (dass einige Gänge eher
aufgesetzt wirken, sei aber doch erwähnt).
Wolfgang Schmidt hat in ersten Akt große Mühe, seine Stimme unter Kontrolle
zu bringen, irritiert durch heftiges Forcieren, im Cornwall-Akt dagegen
findet er zu hoher Intensität, beherrscht alle Register außergewöhnlich
sensiblen Wagner-Gesangs, im Kareol-Akt vermittelt er mit nuanciertem
piano alles Leid des sterbenden Tristan. Jayne Casselmans dramatischer
Sopran ist vom ersten Moment an präsent, leuchtet in den emotionalen Auseinandersetzungen
mit Brangäne und Tristan, gewinnt in der großen Liebesszene enormes Format
und lässt sich mit subtilen Mitteln in den herzbewegenden "Liebestod"
gleiten.
Die positiven Überraschungen des Abends sind Heike Grötzinger mit ungemein
delikatem Mezzo als Brangäne - ihre "Rufe" fügen sich nahtlos in das hoffnungslose
Liebesduett - und Stefan Adams Bariton, der dem treuen Kurwenal differenzierte
Statur gibt und einen weiteren überzeugenden Beweis seiner stimmlichen
Möglichkeiten liefert. Allan Evans singt den Marke mit sonorem Bass, doch
stören leichte Wobbler den klanglich fulminanten Eindruck.
Das Münsteraner Publikum goutiert das hohe musikalische Niveau der 4 ½
Stunden (solange dauerte die Aufführung, die Kürzungen sind nicht bemerkbar!),
braucht lange bis zu standing ovations - und äußert sich skeptisch über
die Zukunft "nach Humburg" (der nach Köln geht). (frs)
|