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Mozart triebhaft
Bassa Selim als quengelnder Psychopath, die Frage nach dem "Wer mit welcher?"
, das unstillbare Verlangen nach GV als unbedingter Antrieb individuellen
Handelns - Peter Beat Byrsch greift in Münster in die Kiste Freudscher
Triebtheorien. Und ignoriert in seiner Inszenierung Mozarts Pathos und
Leidenschaft für das Unbegreifliche. Die Regie bleibt eher konventionell,
lässt Schutzgarden und Haremswächter auf- und abtreten, verweist die gickernden
Haremsdamen in die Rolle alberner Gören und entwickelt kaum Chancen für
überzeugend-differenzierte Charakterstudien.
Die "Ausstattung" Martin Warths verweigert sich der emotionalen Faszination,
arbeitet mit aufklappbaren Wänden und hereingeschobenen Räumen wie aus
dem Lehrbuch Brechtscher Verfremdungseffekte.
Die Solisten agieren und singen gemäß diesem aufgesetzten Konzept: Nathalie
de Montmollins Konstanze ist in ihren großen Arien viel zu hart, lässt
niemals die Transzendenz verzweifelter Liebe sehen oder gar hören. Yoon-Cho
Cho ist eine skurril verkleidete Blonde, sexuell aktiv, ohne sängerische
Delikatesse. Mit Mineo Nagata ist ein eher fader Belmonte zu erleben:
Trond Gudevolds Osmin bleibt ambivalent, auch in seinen stimmlichen Möglichkeiten;
Daniel Behle gibt eine Otto-Walkes-Karikatur, singt mutig-gelassen. Der
Bassa: Serdar Somuncu betatscht Konstanze, beißt in Kissen, rezitiert
in schrillem Diskant - das hat was!
Das kompetente Symphonieorchesder der Stadt Münster ist unter dem aktiven
Andreas Wolf hörbar auf die Inszenierungskonzeption eingeschworen: die
Musik klingt spröde, vermag das Magische mozartschen Ingeniums nicht zu
vermitteln.
Das Publikum im gut besuchten Haus folgt dem Geschehen aufmerksam, reagiert
allerdings bei Bassas Exaltationen mit unterdrücktem Lachen - nicht renitente
Absagen an das theoretisch verquere Inszenierungskonzept. (frs) |
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