|
Der jugendlich-charmante Daniel Harding
befeuert beglückend das kleinbesetzte Orchester und den Chor der Staatsoper,
als ginge es um die Ehrenrettung der Mozartpeinlichkeit, die Regisseur
Martin Duncan und Ausstatter Ultz auf die Bühne gestellt haben.
Diese füllt eine riesige Leinwand, auf die mittels einer Art Powerpoint-Presentation
der Grundriss eines Palastes projiziert wird. So werden die Fortschritte
der Helden Belmonte und Pedrillo im Kampf gegen die tausend und ein Zimmer
dieses morgenländischen Ungetüms mit roter Farbe nachgezogen. Die gesuchten
Damen, sowie Osmin und Bassa Selim sind auf zwei Quadratmetern knallbunten
Ikea-Sofas gefangen, die lustig sinnlos von einer türkischen Fußballfangemeinde
mal herein-, mal herausgezogen werden. Gerade wenn man sich mit dieser
dramaturgischen Idee von Isolation und Gefangenschaft angefreundet hat,
hopsen die Akteure munter herunter, treten an die Rampe und ergehen sich
in plakativem Operngestus. Am schmerzlichsten vermisst man die Dialoge
- alle gestrichen. Das macht den Bassa zum Statisten und viele Szenen
zum Krüppel. Es entsteht ein bunt ausstaffiertes Potpourri loser Musiknummern.
Die engagierte Erzählung von Fatma Genc kann nichts von der zauberhaften
Atmosphäre des Singspiels retten.
Robert Saccà, dem Freibeuter der Oper, gelingt entgegen aller Vorurteile
ein ordentliches Portrait Belmontes, wenngleich er zum Knödeln neigt.
Ihm zur Seite steht ein stimmlich sehr präsenter Kevin Conners. Kraftvoll,
ein wenig roh, aber humorvoll gibt er den Pedrillo. Ob Paata Burchuladze
als Osmin nun Deutsch oder Arabisch singt, kann man nicht entscheiden,
da er vermutlich eine heiße Kartoffel im Mund hatte. Blonde alias Julia
Rempe hat ein schönes helles Timbre, doch in der Höhe ist sie absturzgefärdet.
Schließlich mimt Ingrid Kaiserfeld eine stimmgewaltige, sichere Konstanze,
die speziell im hohen Register allzu forciert eine Walküre andeutet.
Das Publikum strömte zahlreich, um sich dann langweilen lassen zu müssen.
Genügsam klatschte man trotzdem begeistert Beifall. Gegen den Regieunfug
nahm sich nur eine Dame vor der Pause ein Herz und schleuderte leidenschaftlich
ein wütendes ,Buh' auf die Bühne. (tv) |
|