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Münsters "Hoffmann" in der Regie von
Gabriele Rech ist ein großer Wurf! Hoffmann versagt in Liebe und Leid
- lässt im dumpfen Rausch die Frauen als Opfer zurück. Olympia von Plebs
missbraucht; Antonia als sexuelles Opfer des eigenen Vaters, als geniale
Sängerin brutal domestiziert; Giulietta als höriges Instrument des machtgeilen
Lindorf. Die Muse treibt Hoffmann, verführt ihn zu "Liebe und Leid" -
ausweglos.
Das Ensemble geht auf diese Handlungsangebote der Regie engagiert ein:
Stefan Adam ist mit aasigem Bass ein mephistophelischer Lindorf; eine
stimmlich brillante Judith Gennrich eine verführende Muse; Ines Krome
eine Antonia als chancenloses Opfer; Nathalia de Montmollin eine sänger-darstellerisch
überzeugende Olympia, die als "Puppe" zum Raub alkoholgetränkter Sexualwillkür
wird; Attila Wendler gelingt mit seinem forcierten Tenor im Ganzen ein
eindrucksvolles Porträt des verführten differenzierungs- und mitleidunfähigen
Hoffmann. Der Schlusschor (seit Hamburg 1999 der plausible Schluss des
Dramas) lässt das emotionale Versagen Hoffmanns durch den exzellenten
Chor deutlich werden.
Dies alles geschieht im eher sterilen Ambiente einer bürgerlich-studentischen
(?)= dämonisch-hintergründigen Gesellschaft: das "Gehäuse" ist martialisch,
auf den ersten Blick "feierlich", auf Dauer bedrängend.
Will Humburg begleitet mit dem Symphonieorchester der Stadt Münster die
Solisten akzentuiert, setzt Streicherklänge gegen Bläsereruptionen, prononciert
Fermaten und setzt auf präzise Dynamik - doch bleibt der Gesamteindruck
eher fahrig; ohne eigenen Interpretationswillen.
Das Publikum weiß die hohe Qualität der Aufführung zu schätzen, verteilt
den herzlichen Applaus zutreffend lautstark an Solisten, Orchester und
Regieteam - gerät aber ins Euphorische, als Suzanne MacLeod um "Mithilfe"
gegen die von der Münsteraner CDU-Mehrheit katastrophale Mittelkürzung
bittet. Das Publikum liebt sein Theater - nach dieser gelungenen Premiere
umso mehr! (frs) |
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