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Über die Qualitäten Nicolò Porporas,
des Kontrahenten Händels vor allem in London, und seiner nachgerühmten
Fähigkeit, Sängerstimmen kompositorisch zu protegieren, kann man sich
in Münsters Kleinem Haus hörbar überzeugen. Voraussetzung dafür sind eine
penible dramaturgische Vorarbeit von Berthold Warnecke (der auch für ein
informatives Programmheft verantwortlich zeichnet!) und eine intelligente
Übersetzung von Christine Jarnot. Ein gespannt-interessiertes Publikum
kommt voll auf seine Kosten, dankt mit zustimmender Aufmerksamkeit und
rauschendem Applaus.
Ein inszenatorischer Glücksgriff gelingt Benedikt Borrmann, der die Ariadne-Theseus-Bachcus-Mythologie
historisierend-distanziert, aber immer im Geist barocker Musikkultur auf
die offene Bühne bringt: leichte Verfremdungen (z.B. duch miniaturisierte
Stellvertreter-Puppen) ja - aber keine Verballhornung des durchaus ernstzunehmenden
Erbes der Antike!
Sparsame Requisiten-Säulen, transparente Vorhänge, den überdimensioniert-aufgeteilte
"Faden der Ariadne" als Metapher für dramatische Verbindungen und Spannungen
nutzt Pia Oertel für einen offenen Spielraum als imaginative Bildwelt.
Das Münsteraner Ensemble lässt große Qualitäten in stilgerechtem Gesang
hören. Arien und Duette gelingen in beglückender Eindringlichkeit, die
Accompagnata-Rezitative geraten zu musikalischen Zwischenspielen von Delikatesse.
Nathalie de Montmollin phrasiert als liebende, enttäuschte, kämpferische
Arianna voller Kraft und Leidenschaft; Heike Grötzinger ist eine gleichermaßen
emotional anrührende Antiope und Judith Gennrich verkörpert einen undankbar-untreuen
Theseus mit identifizierbarem Impetus. Trond Gudevold hat es mit seinem
deklamatorischen Bariton als schwankender Peirithoos nicht leicht zwischen
den glänzenden Koloraturen der Mezzi und Soprane, zumal Suzanne McLeod
als "strippenziehender" Hohepriester und Gott das Bühnengeschehen souverän
beherrscht!
Die Musik Porporas macht dem Symphonieorchester der Stadt Münster unter
Andreas Wolf hörbar Mühe; es dauert lange, bis sich der geläufige Duktus
einstellt, aber auch dann hapert es am Zusammenspiel mit den Sängern,
was aber auch wohl mit der ungewöhnlichen seitlichen Placierung der Musiker
zu tun haben mag.
Alles in allem: sehens- und hörenswert - und vor allem kein lebloses Opern-Museum,
sondern lebensvolles pralles Musiktheater! (frs) |
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