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Fakten zur Aufführung 

RODELINDA, REGINA DE' LONGOBARDI
(Georg Friedrich Händel)
2. Juli 2003


Bayerische Staatsoper
(München)




Points of Honor                      

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Die Lamentomafia

David Alden darf wieder ran und nach seinen Münchner Ringtaten konnte man gespannt sein, wie er der von Rache- und Leidensarien schwangeren Rodelinda mit Britpop beikommen wollte. Doch er fügte sich in Händels Lamento, bietet den Sängern ein ausführliches Rampentheater an und erspart ihnen die zynische Bloßstellung ihrer gesungenen Gefühle. Die Affektsprache der Arien findet sich in den Handlungen und Gesten wieder.

Zwar ist Aldens Regie statisch und bewegungsarm, doch gelingt ihm während der Arien mittels der Konzentration auf eine pointierte, oft verlangsamte Aktion, eine sinnvolle, ästhetische Gratwanderung zwischen Stehtheater und umeinander kreisendem Aktionismus. Hier sind auch die Versatzstücke von Aldens gewohnter Ironie zu finden: Unulfo, ein Verlierertyp, dem die Herzen des Publikums zufliegen, steckt sich bei: "Ein Lüftchen hat geweht, das mir die Brust erquickte" (ital. gesungen) erschöpft eine Zigarette an.

Bühnenbild (Paul Steinberg) und Kostüme (Buki Shiff) transportieren die Handlung ins amerikanische Gangstermillieu der 50er Jahre. Die Bühne des zweiten Aktes beschwört Edward Hoppers eingefrorene Alltagsbanalitäten. Die Rahmenakte überstrahlen riesige Bertarido-Statuen - wem erst Denkmäler gesetzt sind, der ist erstens tot und zweitens ungefährlich! Leider bleiben Aldens Bilder innerhalb rein illustrativen Theaters. Das Gangsterumfeld ist zurückhaltend, erklärt wenig und gerade die Fragen nach den Triebkräften der Macht bleiben unbeantwortet.

Trotz der klingenden Sängernamen war der Abend allemal durchschnittlich. Dorothea Röschmanns Rodelinda fand erst gegen Ende zu stimmlicher Balance. Sie bediente sich beständig eines übermäßigen Vibratos und ließ ein wenig metallische, hellere Klangfarben vermissen. Ihre Kontrahentin Felicity Palmer als Eduige schreckschraubte sich mit einer wie vom fünften Flachmann gezeichneten Stimme nicht unlustig durch die Partie. Von den Männern konnte nur Michael Chance trotz anfänglicher Intonationsschwächen überzeugen. Mit Christopher Robson (mit sehr geradem Ton ohne Vibrato) teilt er aber das klassische Counter-Problem der substanzarmen tiefen Töne.

Im Orchester paarten sich alte mit neuen Instrumenten, was die Blockflöten und Oboen überstimmte. So wurden die vielen Geigen gezwungen, leise zu spielen. Das klingt als fordere man von einer Fußballmannschaft im piano "We are the Champions" zu singen: Kultiviert, aber ohne Feuer und Farbe. Boltons Deutung fehlte der Groove.

Das Publikum erwies sich im Schlussapplaus merkwürdig unberührt von den Schwächen des Abends. Ein leises Buh und viele Bravos. (tv)




Foto: © Wilfried Hösl