|
"O, wie so trügerisch..."
Spannendes Musiktheater in außergewöhnlichem Ambiente verspricht die Ankündigung
der neuen Münchener Off-Produktion der Oper im Schloss, die von der Kulturstiftung
der Stadtsparkasse München gesponsert wird. Die Künstlerische Leitung
will vor allem ein Forum für junge Opernschaffende bieten und setzt auf
Werke mit psychologischem Tiefgang und Kammerspielcharakter. Der direkte
Kontakt zum Publikum ohne trennenden Orchestergraben soll im intimen,
ca. 250 Zuschauer fassenden Zeltbau entstehen.
Urheber der Idee ist der Dirigent und Gründer des "orpheus ensemble münchen"
Markus Elsner, der sich mit einem guten Dutzend junger Musiker bemüht,
Verdis Musik gerecht zu werden und aus einer Nische neben dem Bühnenpodest,
in der das Orchester sitzt, den Kontakt zu den Sängern nicht zu verlieren.
Der Klang des kleinen Orchesters eignet sich eher für Werke der Barock-
oder Kammermusik als für Verdi, und da die nötige Italianitá hauptsächlich
von zwei herausragenden Sängern des Abends geliefert wird, liegt der musikalische
Genuss eher auf dem Niveau eines Tellers Pasta ohne Soße.
Die Titelpartie ist mit dem erfahrenen Argentinier Héctor Guedes überzeugend
und tragend besetzt, der von Anfang bis Ende seine große Partie souverän
gestaltet. Sensationell kann sich sein Widersacher, der Herzog von Mantua,
gesungen von dem 30-jährigen koreanischen Tenor Hanbo Jeon, mit perfekter
Stimmführung und großem Ausdruck auf demselben Niveau behaupten und wird
durch sein Charisma zum Sympathieträger des Abends. Häufig ist es die
Sängerin der Gilda, die die Herzen des Publikums gewinnt, doch konnte
dies der jungen Amerikanerin Kathryn Brown trotz berührender Darstellung
auf Grund mangelnder stimmlicher Möglichkeiten in den heiklen Passagen
der Partie nicht gelingen. Auch in den Nebenrollen fanden sich noch in
Ausbildung befindliche Stimmen mit Ausbauchancen.
Die Regisseurin Marianne Loy hat sich durch den Spielort inspirieren lassen,
die Handlung in die Szene des "fahrenden Volkes" zu legen. Schon am Eingang
wird der Zuschauer mit der modernen Geräuschkulisse eines Volksfestes
beschallt, die Bühne ist der Zirkuswagen des "Circus Triboulet" (Rigolettos
Nachname in der literarischen Vorlage Victor Hugos). Die Regisseurin lenkt
die Aufmerksamkeit auf das Innenleben der Personen und lockert die beklemmende
Atmosphäre der schmutzigen Halbwelt durch gelungene Pointen.
Äußerst originell ist der Einfall, anstelle eines Programmheftes eine
in "Bild"-Manier aufgemachte vierseitige Zeitung herauszugeben, die mit
Schlagzeilen, Interviews und pfiffig aufgemachten Artikeln Hintergrundinformationen
liefert und die Handlung sowie Entstehung der Oper genauer erklärt.
Leider reichten die Ausgaben nicht für das ganze Publikum, das premierentypisch
von Angehörigen und Presseleuten durchsetzt war und nicht gerade enthusiastisch
wirkte. Kommentare reichten von mütterlich-löblicher Anerkennung bis hin
zu journalistischer Ratlosigkeit über die Konkurrenzfähigkeit der Produktion.
(if) |
|