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Tragisch
"Allzu lange Zeit stand unser Orchester im Schatten der Bühne, musizierte
Abend für Abend im Orchestergraben sozusagen anonym. Es ist mein ersehntes
Ziel, dass wir in den nächsten Jahren fortsetzen werden, was wir bereits
erfolgreich begonnen haben: das Orchester in den Mittelpunkt zu rücken
und dem Publikum in München - und darüber hinaus - zu zeigen, was für
ein phantastisches Orchester wir haben." - so David Stahl, Chefdirigent
des Staatstheaters am Gärtnerplatz.
Passend dazu die Tradition des Hauses, neben dem üblichen Spielbetrieb
einzelne Werke des Musiktheaters in konzertanter Form zu präsentieren.
Sänger und Orchester sind gleichberechtigt nicht nur akustisch, sondern
auch optisch präsent - vom Auftritts- bis zum Schlussapplaus. Daneben
gibt ein solcher Abend Gelegenheit, Werke zu präsentieren, die im gängigen
Repertoire selten anzutreffen sind - etwa weil ihre musikalische Wertschätzung
die Bühnenwirksamkeit zu übersteigen scheint.
Als ein Beispiel hierfür kann "Der Corregidor" gelten, die einzige vollendete
Oper des im Wesentlichen als Liedkomponisten bekannten Hugo Wolf. Von
zwei ursprünglich geplanten Aufführungen musste der erste Termin im April
entfallen und so bleibt es bei der einmaligen Darbietung im Herkulessaal
der Residenz mit der Besonderheit für München, dass 100. Todesjahr des
Komponisten und 100. Jahr der Münchner Erstaufführung zusammenfallen.
Die Oper selbst war ursprünglich als komische Oper, orientiert an Wagners
"Meistersingern", geplant worden. Doch in seiner Vertonung absorbierte
Wolf viele komische Momente des Librettos zugunsten der musikalischen
Zeichnung des Tragischen, wie es das Bühnenpersonal erlebt; das Attribut
komisch im Titel wurde eliminiert. Eben diese Tendenz wird durch die konzertante
Aufführung noch verstärkt, die naturgemäß ohnehin die Musik unangefochten
in den Mittelpunkt des Abends stellt.
David Stahl leitet sein Orchester mit viel Energie und bildet den bewegten
Mittelpunkt des Abends. Seinem engagierten Dirigat folgend, steigern die
Musiker den dynamischen Ausdruck oft raumfüllend, so dass Solisten und
auch Chor zeitweise unterzugehen drohen.
Besetzt ist durchweg mit hauseigenen Kräften und man merkt den Sängern
die dominierende Profession - Sänger-Darsteller - an. Besonders Gary L.
Martin als Tio Lukas singt gerne zu den szenisch anzusprechenden Kollegen,
wodurch gerade zu Beginn die Verständlichkeit seiner differenzierten musikalischen
Gestaltung zu leiden hatte. Ähnliches gilt auch für die Sänger der anderen
Hauptpartien - Wolfgang Schwaninger in der Titelrolle und Alexandra Petersamer
als dramatische Frasquita, die fehlende Szene auf reizende Weise in ihre
Mimik verlegte. Die Donna Mercedes von Elaine Ortiz-Arandes bietet mit
der Wärme ihrer Stimme einen schönen Gegensatz zu ihrem Mann, dem Corregidor.
Am Ende einige Bravi für die Hauptpartien und das Orchester, breiter Applaus
für den Rest des Ensembles und Blumen für alle; das Publikum ist hörbar
zufrieden mit dem Abend. (brs) |
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