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Verdis zweite (oder dritte) Oper verzichtet
auf handelnde Charaktere: im Leiden der Israeliten unter den Babyloniern
geht es vielmehr um das Wiedererkennen des Risorgimento, den italienischen
Freiheitskampf - mit viel Leidenschaft und Pathos (Gefangenenchor!).
So ist in Mannheim eine "feierliche" konzertante Aufführung zu erleben,
mit einem punktgenauen Chor, emphatisch aufschwingenden Stimmen und einem
hinreißenden Gesamtklang (Wolfgang Balzer).
Das vielgerühmte Orchester bleibt unter Enrico Dovico im Klischee stecken,
versumpft viele Passagen, hat Probleme, die gemeinsamen Schlüsse zu finden
und ist den Sängern ein wenig zuverlässiger Begleiter.
Georgina von Benza zelebriert eine Abigaille mit allen denkbaren Möglichkeiten
ihres Soprans: betörend in den Pianissimi mit ausbrechenden Crescendi,
strahlend in den Höhen und überwältigend in den Tiefen, sämtliche Register
geradezu exaltiert nutzend. Ein grandioser Auftritt, zumal in der Phrasierung
der besondere Reiz der eingesetzten Stimme liegt! Dagegen hatte es das
Mannheimer Ensemble schwer mitzuhalten: Ludmil Kuntschews Nabucco hat
die nötige Kraft, aber es fehlt das Leuchten; Felipe Rojas ist ein zuverlässiger
Ismaele, wenn auch ein wenig eng; Nidia Palacios nutzt die Gemütsbewegungen
der Fenena zu einigen Glanzlichtern und Mihail Mihaylov gibt dem Zaccaria
durchgängig Statur.
Das Publikum reagiert auf die emotionale Musik äußerst gebannt - allerdings
weit entfernt von Gedanken an risorgimento oder gar den clash of civilisations
und spendet frenetischen Applaus! (frs) |
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