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Passend zur Goldhagen-Debatte um die
Verstrickung der katholischen Kirche mit dem Nazi-Terror zeigt das Staatstheater
Mainz Verdis "Don Carlo". Peer Boysen inszeniert ein bedrohlich-unmenschliches
klerikales Gewaltsystem, zwängt die Akteure in maskenhafte Kostüme und
lässt sie auf vorgegebenen Stegen statisch agieren.
Diese abstrahierend-artifiziellen Abläufe werden von einem engagierten
Ensemble zum beklemmenden Drama eines Freiheitskampfes - idealistisch-politisch-individuell-gesellschaftlich.
Elisabeth Hagedorn ist eine leidenschaftliche Elisabeth mit hochkarätigem
Sopran; Ruth-Maria Nicolais Eboli besticht durch unbarmherzig intonierte
Schärfe, vermittelt mit stupender Power die widerstrebende Reue; der Marquis
Posa Vadim Volkovs lässt einen legatoreinen Bariton hören, brausender
Freiheitssound ist allerdings nicht sein Metier; ebenso Hans-Otto Weiß,
dem offenbar Wagners König Heinrich im "Lohengrin" (in Detmold) besser
liegt als Verdis König Philipp - die innere Tragik will sich trotz warmem
Timbre nicht recht vermitteln. Der junge Mexikaner Enrique Ambrosio geht
den Carlo erfrischend unbekümmert an, stürzt sich leidenschaftlich ins
geforderte Belcanto, powert mit seinen Möglichkeiten, braucht aber intensive
Beratung, um seine stimmliche Potenz zu kultivieren. Mit Rúni Brattaberg
ist ein unbarmherzig klerikaler Großinquisitor zu sehen und zu hören,
und der Legende Karl verleiht Peter Knieser stimmliche Statur. Der Chor
des Staatstheaters Mainz agiert auf den Spielflächen souverän und hinterlässt
unter Leitung von Sebastian Hernandez-Laverny einen nachhaltigen Eindruck.
Catherine Rückwardt dirigiert das Philharmonische Orchester des Staatstheaters
Mainz wie gewohnt energiegeladen - das bedeutet satte Streicher, kraftvolle
Piani und selbstbewusste Solisten, aber auch eine im oberen Bereich überdimensionale
Dynamik, kommunikativ: statt invers reduzierter Spannung obliegt die Lautstärke!
Das zurückhaltend sympathisierende Mainzer Publikum ist sich seiner Reaktionen
nicht sicher, applaudiert zaghaft nach gelungenen Arien (oder auch nicht),
lässt aber zum Schluss seiner Zustimmung freien Lauf. (frs) |
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