Geburt eines Mythos
Die Tango-Operita von 1968 ist ein Blick in archetypische Zusammenhänge von Eros und Tod. Maria tritt als Tango-Tänzerin auf, endet im Dickicht der Unterwelt von Buenos Aires, evoziert mit ihrem Tod die Geburt des Tangos als Mythos. Gonzalo Galgueras Regie und exorbitant-imaginative Choreographie vermittelt beeindruckend-authentische Einblicke in archaisch-elementare Gefühlswelten, die weit weg sind vom Diskurs der Empfindsamkeit oder von „galanten“ Attitüden: reale Leidenschaften im existentiellen Zusammenhang von Religion, Tod, Sex, Gewalt, Mythen lassen den Tango als Lebensweise beklemmend erlebbar werden – verstehen lassen sich Mythen ohnehin nicht.
Bettina Hartl gibt dem mystifizierenden Geschehen mit ihrem authentischen Bandoneon-Spiel die musikalische Stimme; Mitgliedern der Magdeburgischen Philharmonie unter dem umsichtigen Rainer Roos gelingt eine geradezu einmalig-vielschichtige Interpretation der geheimnisvoll-mächtigen musikalischen Gefühlswelten Piazzollas!
Juan Leons Bühne bleibt rudimentär-konkret; die Zwischenwelten Stadt, Kirche, Rotlichtmilieu werden durch riesige Glasfenster und leuchtende Buchstaben-Fragmente zur assoziativen Realität.
Enrique Keil singt und spielt den ambivalenten Liebhaber El Duende mit großer Ausstrahlung; Alejandro Briglia gibt dem „Erzähler“ Gorrion höchst intensiven Ausdruck und Andrea Thielemann ist mit ihrer herben Ausstrahlung eine ideale Verkörperung der Maria – die imaginative Celia Millau tanzt „Marias Seele“ mit bezwingender Intensität.
In Magdeburg strömt ein begeisterungsfähig-neugieriges Publikum in das vollbesetzte Haus – das sind neben den Opernfreunden Freaks des Tangos und wohl auch Voyeure exotischen Sex-Appeals. Anschließend gibt es den Tango-Salon im Opern-Café. Magdeburgs Theater wird zum Kult! (frs)
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