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Fakten zur Aufführung 

DIDO UND AENEAS
(Henry Purcell)
7. Juni 2008 (Premiere)

Goethe-Theater Bad Lauchstädt
Händel-Festspiele Halle


Points of Honor                      

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Rekonstruiert

Im Historischen Theater von Bad Lauchstädt funktionieren die alten Theatermaschinen noch – und so ist es plausibel und wünschenswert, barockes Theater mit zeitgenössischen Mitteln zu präsentieren. Mit Purcells epochemachendem Werk sollte die Situation der Uraufführung in einem Londoner „Mädchenpensionat“ Anno 1689 rekonstruiert werden. Zeitgenössische Kostüme sind zu sehen, barocke Figurenkonstellationen auf der Bühne und Musik auf alten Instrumenten ergeben einen vermutlich nahen Eindruck barocker Aufführungspraxis. Weshalb allerdings Verwandlungen, Theatermaschinen, Versenkungen und Lichteffekte so zurückhaltend genutzt werden, bleibt wohl das Geheimnis der Macher.

Gudrun Sidonie Otto gibt der Dido vornehm-diskrete Figur, singt einen elegischen Charakter, vermeidet dabei aber allzu krasse Kontraste in den Stimm- und Gemütslagen. Margret Hunter ist eine sanft-calmierende Belinda mit ebenmäßig-klangschönem Sopran. Alexandra Rawohls wandlungsfähiger Mezzo verleiht der Zauberin fast drohenden Charakter. Und Ingolf Seidels Aeneas bleibt ein comment-gerechter Edelmann, steif in der Haltung, ohne Eruptionen im kräftig strömenden Bass. Mit Carsten Krügers Sailor bricht – mit gebremster Kraft – die ungehemmte Leidenschaft in das pastorale Spiel.

Die übrigen Solisten und der Cantus Thuringia präsentieren fast ätherischen Gesang.

So wie die Capella Thuringia unter Bernhard Klapproth in Übereinstimmung mit Gesang und Optik für einen dezenten Klang sorgt, eher harmonisch-dezent als leidenschaftlich-opulent.

Margit Leglers Inszenierung vermittelt mit staunenswerter Konsequenz das theoretisch erarbeitete Konzept eines vornehm unterkühlten Theaterabends, generiert weniger Leidenschaft als vielmehr theoretisches Wissen – und behält im akademischen Verständnis historischer Rekonstruktionen sicherlich Recht, doch das geht zu Lasten elementaren barocken Lebensgefühls, zu schweigen von der Idee des Musiktheaters als Ausdruck archetypischer Emotionalität.

Erwin Kloker sorgt für die räumliche Umsetzung, aber die Vernachlässigung der Möglichkeiten des Lauchstädter Theaters ist einigermaßen verblüffend und wirkt als ignorante Unfähigkeit, vorhandene spektakuläre Gegebenheiten theatral zu nutzen.

Das gemischte Publikum – Besucher der Händel-Festspiele und Kulturtouristen – fühlt sich beim Premierennachmittag im gut gewärmten Lauchstädter Goethe-Theater gut unterhalten, äußert Zustimmung ohne Wenn und Aber. Und so verbietet sich ein Vergleich mit Hengelbrocks Balthasar-Neumann-Chor – aber der Verweis auf verpasste Chancen muss erlaubt sein. (frs)



 
Fotos: Patricia Reese