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Fakten zur Aufführung 

SIMON BOCCANEGRA
(Giuseppe Verdi)
2. Januar 2004 (Premiere)


Südostbayerisches Städtetheater (Landshut)




Points of Honor                      

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Düsterer Politthriller

In der Operngeschichte gibt es für jedes Extrem ein Beispiel. Von der schlechtesten Musik mit dem besten Text, bis zum schlechtesten Text mit der besten Musik. Kommt die Rede auf die verzwickteste Handlung, fällt der Titel von Verdis "Il Trovatore". Dem Bühnenerfolg hat das nicht geschadet - im Gegensatz zum Zweit-Aspiranten auf den Titel, Verdis "Simon Boccanegra".

Thilo Reinhardt ging in seiner Inszenierung des "Simon" den glücklichen Weg der äußerlichen Aktualisierung, bei weitgehend dramaturgischer Treue zur Vorlage. Durch die Segnungen der Übertitelungsanlage wurde der Gang eines veritablen Politthrillers plausibel, in dem Maschinengewehre und Gewaltbereitschaft auf allen Seiten Gut und Böse auf das Heute verweisend vermischen. In Verdis romantischer Welt der Schwerter und Rüstungen können die Düsternis und der Pessimismus dieses Dramas leicht zum pittoresken Kostümschinken verkommen.

Der Prolog erinnerte an den desaströsen WTO-Gipfel in Genua 2001. Die übrigen Akte, in einem mit einer Stahltür von der Außenwelt abgeschotteten, dunkel furnierten Konferenzraum, ließen das unlösbar gestörte Verhältnis der anzugtragenden Politikerklasse zum Volk im Blaumann augenscheinlich werden (Bühne und Kostüme: Paul Zoller). Eine vielsagende Idee drückte Simons Sehnsucht nach einem früheren Leben aus. Bereits vom Gift benebelt, zog er sich den weißen Mantel des Seemanns über, ohne damit den Anzug des Politikers ganz verbergen zu können. So nimmt er sein trauriges Ende als vom Leben enttäuschter, von der Politik gezeichneter Mann.

Die stimmliche Leistung der Landshuter Hausbesetzung, zu der sich lediglich die warme, kräftige und ausdrucksvolle Baritonstimme Damir Basyrovs (Simon) hinzugesellte, war nicht nur für ein kleines Theater außergewöhnlich. Was hier geboten wurde, muss in den großen Häusern erst einmal nachgemacht werden. Christophe Duringer gab mit gespanntem, schattenreichem Singen seinem Paolo Kalkül, Evert Sooster mit schnell flackerndem Vibrato und markant durchdringendem Bass Fiesco die Aura des kühlen, doch zutiefst traurigen Aristokraten. Oscar Imhoff und Min-Hee Jeong verliehen bei erstaunlicher Stimmsicherheit dem Liebespaar Gabriele und Amelia Emphase und Temperament.

Aus dem winzigen Graben konnte natürlich kein großbesetzter warm dahinfließender Verdi-Sound strömen, was kaum störte, da Basil Coleman und das Orchester eine saubere, kammermusikalisch differenzierte Vorstellung lieferten. Dabei brauchte man in den großen Finali mit der Unterstützung des respektablen Chores keine kraftvollen Klänge missen.

Das frische Landshuter Publikum honorierte die außerordentlichen Leistungen mit vielen Vorhängen. (tv)






Fotos: © Weichelt